Unsere Erfahrung im Mai 2020: Verschiffung Veracruz-Bremerhaven (Mexico – Deutschland)
Update März 2021: VERSICHERUNGEN haben bezahlt
Neun Monate ist es her, dass wir unseren Iveco Daily 4 x 4 um einiges Innenleben erleichtert, nach der Verschiffung von Mexiko in Empfang genommen haben. Und ebenso lange hat es gedauert, bis die Transportversicherung (WK Webster Co. Ltd.), die wir von Mexiko aus abgeschlossen hatten, doch noch eine Zahlung geleistet hat. Unter der Klassifizierung „rough handling“ (und nicht „theft“…) hat man uns nach zähen, ständigen Nachforderungen von Unterlagen und langen Kommunikationspausen, die immer nur von unserer Seite durchbrochen wurden, die Kosten für die Reparaturen am Fahrzeug erstattet. Nicht die Verluste der Inneneinrichtung, aber mit der Kostenübernahme sind wir trotzdem zufrieden, denn im Verlauf der letzten Monate hatten wir ohne anwaltliche Hilfe das Thema schon abgeschrieben und mit gar nichts mehr gerechnet… Relativ zügig im Sommer hat unsere Hausratversicherung einen Teil des Schadens ausgeglichen, der uns durch den Diebstahl der Schrank- und Staufach-Inhalte entstanden war – exklusive des technischen Equipments von Kamera bis Laptop. Somit liegt keine „doppelte Abrechnung“ vor, denn die eine Schadensangelegenheit bezieht sich auf das Fahrzeug selbst, die andere auf den Inhalt.
Update März 2021: ANALYSE des Diebstahls
Aufgrund diverser Indizien haben wir für uns eine Theorie entwickelt, wie das ganze Prozedere abgelaufen sein könnte. Die Betonung liegt auf dem Konjunktiv, denn wir sind keine Kriminal-Fachleute. Unsere – nicht belegbare – Vermutung ist, dass in Veracruz seit Jahren eine gut organisierte Diebesbande existiert, die die Fahrzeuge im optisch „gut gesicherten“ Zoll-/Abgabebereich ausnimmt, solange sie dort stehen, bevor sie aufs Schiff gefahren/verladen werden. Unsere Anhaltspunkte dafür:
- Die Diebe hatten unendlich viel Zeit, was nicht nur auf der Schiffspassage gegeben ist, sondern auch während der Wartezeit auf Verladung im Hafen (zu Corona-Zeiten natürlich noch ein paar Tage oder gar Wochen länger als normal). Hierfür ist das Abnicken der Sicherheitsbeamten auf dem Zollabgabegelände nötig, evtl. das der Zollbeamten, die man entsprechend bezahlen kann. Die frühe Fahrzeugabgabe (siehe Beschreibung unten) spielt dem in die Karten. Bei dem von uns beauftragten Agenten Luis von Cevertam kann man die Frage stellen, ob er an den Machenschaften beteiligt ist oder etwas deckt, obwohl für ihn die Einbrüche am Ende weniger Kunden bedeuten, wenn das Vertrauen der internationalen Overlander-Szene durch zu viele Einbrüche weiter sinkt. Aber seine ganze Arbeitsweise lässt Raum zu Spekulationen.
- Die Einbrecher haben bei uns alles bis auf das letzte Teilchen aus den Schränken und Staufächern herausgeholt, durchsucht, Brauchbares mitgenommen und danach ALLES wieder in die Schränke verräumt. Total durcheinander zwar, aber die Kabine war nachher „blickleer“, man hätte den Einbruch durch die Fenster nicht gesehen. Das würde nur jemand tun, der weiß, dass das Fahrzeug nachher noch durch andere Hände geht, nämlich beim Auffahren aufs Schiff z.B. durch die der Verlade-Fahrer.
- Unser eingeschlagenes Dachfenster war mit einer Folie zugeklebt, das Bett darunter aber trotzdem vernässt und wieder abgetrocknet (Nässeränder). Wäre der Bruch im Schiff passiert, wäre vermutlich kein Wasser eingedrungen, denn es stand mit Fotobeweis unter Deck. Und dass es genau in das eingeschlagene Fenster vom Schiffsmetall herab durchs Dachfenster getropft hat, ist unwahrscheinlich. Und die Mühe, das zerstörte Fenster wieder zuzukleben, hätte sich unter Deck auch keiner gemacht. Ergo deutet auch das auf eine Tat vor Verladung und Verschiffung hin.
- Wir nehmen Kontakt zu einem Fahrzeughalter auf, der neben uns im Hafen Veracruz stand, auf demselben Frachter Orion verschifft hat und bei dem auch eingebrochen wurde. Seinen nagelneuen Schraubenschlüssel finden wir später in unseren Sachen! Das deutet zwar nicht auf den Tatort hin, aber darauf, dass es sich um eine gut organisierte, kriminelle Bande handelt, die das nicht zum ersten Mal macht.
- Trotz allen Schadens durch die entwendeten Dinge wird an der Kabinen-Einrichtung kaum etwas beschädigt. Selbst unsere zusätzlich gebauten, innenliegenden Verschlüsse an den Staufächern hebeln die Diebe so auf, dass man an den Bodenplatten und Deckeln/Türen kaum etwas sieht. Ebenfalls Indizien dafür, dass die Jungs den Bruch nicht zum ersten Mal machen, sondern Übung darin haben, denn Neutäter hätten vermutlich viel mehr Schaden am Mobiliar hinterlassen.
Und die Moral von der Geschicht‘: Wer im Container verschifft, hat weniger Risiko, weltweit, aber im Besonderen auf bestimmten Strecken wie diesen.
Update Juni 2020: WARNUNG bei Verschiffung Mexiko-Deutschland – Eingebrochen und ausgeraubt
Die Übernahme unseres Iveco-Expeditionsmobils letzte Woche in Bremerhaven nach fünfwöchiger Überfahrt von Veracruz, Mexiko, war leider kein glücklicher Moment. Zunächst sah von Außen alles o.k. aus. Doch Innen dann das blanke Entsetzen. Die KCT-Dachluke (stabiles Echtglas/Doppelglas) wurde eingeschlagen, eingestiegen und wirklich ALLES (inkl. Unterwäsche) aus den Schränken gerissen, durchwühlt und nach Verwertbarem gesichtet, danach das Nicht-Entwendete in die Schränke zurückgestopft, wodurch noch mehr Schaden entstanden ist (z.B. Wasserpumpe, Batterien). Auch die Stauklappen, die wir zusätzlich verschlossen und gesichert hatten, wurden aufgebrochen. Fazit: Alle Technik fehlt vom Kleinsten (wiederaufladbare Batterien, Kabel, Objektivfilter u.v.m) bis hinauf zu den großen Dingen wie Drohne oder Inflatable Kajak, Wanderausrüstung u.v.m. Da wir aufgrund der Corona-Wirren nur mit Handgepäck nach Deutschland geflogen sind (unser Rückflug war mit 4-maligem Umsteigen), haben wir u.a. zwei Kamera-Bodies mit diversen Objektiven, Garmin, GoPro und vieles mehr in der Kabine gelasssen / lassen müssen, die wir sicher gewähnt hatten (3-Punkt-Verriegelung der Haupttür, stabile & verschließbare Tür zum Fahrerhaus, KCT-Fenster rundum). Der Schaden liegt im fünfstelligen Bereich und es wird dauern, bis wir Nachricht von der Versicherung bekommen, ob überhaupt etwas übernommen wird.
Fakt ist, dass die Täter viel Zeit für ihr Tun hatten, denn die Aktion muss mehrere Stunden gedauert haben oder in mehreren aufeinanderfolgenden „Sitzungen“ stattgefunden haben. Anhand bestimmter Indizien vermuten wir, dass die Täter einen solchen Einbruch nicht zum ersten Mal gemacht haben, sondern geübt darin sind. Über das Wo und Wann lässt sich aber leider nur spekulieren. Wir haben unser Pech für uns so zurechtgelegt, dass in den letzten Wochen durch Corona einfach so wenig Wohnmobile international unterwegs waren, dass die Wahrscheinlichkeit viel zu hoch war, dass man sich an den Wenigen vergreift.
Reisebekannten ist es letztes Jahr bei der Verschiffung Veracruz-Antwerpen übrigens genauso ergangen wie sie uns per Email geschrieben haben. Deshalb sprechen wir eine eindeutige Warnung an alle aus, NICHT von Veracruz aus zu verschiffen, wenn es sich vermeiden lässt.
Ablauf Fahrzeugabgabe und Verzollung in Veracruz
1. NAFTA/Zoll-Union: Wer mit seinem Wohnmobil länger als 1 Jahr in der Nafta, dem Zollverbund aus Canada, USA und Mexico bleibt, kann im Grunde nicht (Risiko) von den USA aus nach Deutschland zurückverschiffen. Die Canadier, z.B. in Halifax drücken zwei Augen zu und den Mexikanern ist die Jahresbegrenzung herzlich egal, denn sie erlauben Wohnmobilen 10 Jahre temporären Import (widersprüchlich, aber Fakt). Daher wählen wir die Hafenstadt Veracruz an der Nordküste Mexicos als Verschiffungsort. USA entfällt für uns, Halifax ist uns mit rund 10.000 Kilometer zu weit zu fahren (zumal wir die Ostküste bereits abgefahren haben).
2. Agenten und Agenturen: Für die Verschiffung sucht man sich einen Agenten, der die Schnittstelle zur Reederei bildet. Wir vergleichen per Email-Kontakten mehrere Angebote, was sich lohnt, denn die Preis-Spannen sind beachtlich! Wir entscheiden uns aufgrund von Empfehlungen/guten Erfahrungen anderer Reisender, die wir persönlich kennen, und eines guten Preises von 3200 Euro (volumenabhängig! inklusive Hafengebühren) für World Wide Shipping, kurz WWS, Inhaber Robert van Straten, Sitz Holland, und die Reederei K-Line, Frachtschiff Ro-Ro Orion Highway. Wir fühlen uns gut aufgehoben bei Robert (hat über 25 Jahre Erfahrung), erhalten stets schnelle, prägnante Antworten. Zusätzlich benötigen wir im Hafen von Veracruz für die Abgabe und Verzollung des Fahrzeugs einen zweiten Agenten. WWS stellt die Verbindung zu Cevertam her, Inhaber Luis. Laut iOverlander-Einträgen kann man die Hafen-Prozedur auch in Eigenregie durchziehen, aber dafür fehlen uns mitten in der Corona-Pandemie (Maßnahmen der Stufe 3 von 4 in Mexico) die Nerven. Mit Luis kommen wir nicht gut zurecht, er ist unkoordiniert, fahrig und konzentriert sich nicht auf die Belange seines aktuellen Kunden, sondern „g‘schaftelt“ mit Dutzenden zeitgleich. Er bietet uns zu keinem Zeitpunkt an, dass er die Verzollung allein ohne uns macht, wie es von anderen Agenturen in Veracruz berichtet wird, sondern spricht immer nur von „We‘ll do it together“, was für uns terminlich viel komplizierter zu koordinieren ist als gedacht – mit Corona-Einschränkungen, gecancelten Flügen, Umzug in eine andere Unterkunft etc. im Nacken.
3. Frühe Fahrzeugabgabe in Veracruz: Entweder wir überlesen es oder keiner beschreibt es konkret genug, aber wir werden in Veracruz von der frühen Fahrzeugabgabe überrascht. Wir treten an mit der Annahme, dass wir 1-3 Tage mit Papierkram zu tun haben werden, dann 2-4 Tage auf den Zolltermin warten und dann mit unserem Fahrzeug selbigen wahrnehmen und das Auto im Hafen lassen. Der Ablauf ist aber anders! Am Tag, an dem man mit dem Agenten verabredet ist, fährt man zur staatlichen Bank Banjercito und trägt als ersten Akt das Temporary Import Permit (TIP) seines Fahrzeugs aus. Damit ist es ohne Fahrerlaubnis. Man fährt in den Hafenkomplex und gibt es dort an einem sehr sicheren, bewachten Zoll-Parkplatz ab! Dort steht es dann, bis der Zoll einen Termin avisiert, man selbst hat kein Zuhause mehr und muss sich in AirBnB, Motel, Hotel o.ä. unterbringen.
4. Orientierung im Hafen Veracruz: Nach 2,5 Jahren Reisezeit halten wir uns eigentlich für ganz „fit“, was das Zurechtfinden anbelangt, aber im Hafen von Veracruz fehlt jedwede Beschriftung an den Posten und Gebäuden, so dass man sich nicht zurechtfinden kann, es sei denn, man fragt sich mühsam durch. Man braucht eine Genehmigung für alle Personen, die das Hafengelände betreten und eine für das Fahrzeug (bei CALT). Man muss die vorab beantragten Zollpapiere am Ende einer seitlich gelegenen „Durchleuchtungslinie“ amstempeln lassen an einem Häuschen, bei dem man noch nicht mal erkennt, das dort jemand sitzt. Kurzum: Viel Zeit und Geduld mitbringen, wer‘s ohne Agenten machen möchte…
5. Zollbeschau: Obwohl es nicht ganz nachvollziehbar ist, da das Fahrzeug das Land verlässt und nicht einreist, nimmt der Mexikanische Zoll eine intensive Kontrolle der Wohnmobile vor der Verschiffung vor. Dazu gehört das Ausräumen beliebig vieler Gegenstände aus dem Fahrzeug (auf Anweisung des individuellen Beamten) und die Einsichtnahme in alle Schränke. Danach kommt ein Drogenspürhund. Die Prozedur dauert zwischen 30 Minuten und drei Stunden, bei uns 1,5 Stunden. Der Termin wird seitens des Zolls sehr kurzfristig (halbe Stunde) angekündigt, so dass man entweder seinen Agenten vorschicken oder sehr nah am Hafen Quartier beziehen muss, um rechtzeitig am Zollparkplatz zu sein.