Anbei der Versuch, die fünf Grundfragen des Langzeitreisens von unserer Warte aus zu beantworten.
WARUM?
Warum reisen wir und bleiben nicht einfach gemütlich zu Hause? Weil wir die Natur erleben möchten, die wunderbaren Landschaften der Erde, die fantastische Tier- und Pflanzenwelt dieses einmaligen Planeten. In Europa wird die Natur klein geschrieben, sehr klein, Vieles ist schon seit dem Mittelalter gar nicht mehr vorhanden, gerodet, kultiviert, bebaut, weg. Anderen Kontinenten ist das Schicksal der flächendeckenden Komplett-Nutzung Europas bislang erspart geblieben und genau da möchten wir hin! Wo man noch wenig veränderte oder echte Natur erleben kann in Form von Wasserfällen, Dünen, Hot Springs, Canyons, Seen, Küsten und sooooo vielem mehr. Somit treibt es uns einerseits aus Europa hinaus und gleichzeitig ziehen uns Nordamerika, Afrika oder Australien/Neuseeland magisch an.
WOHIN?
Nachdem wir uns vom Berufsleben und Alltag freigeschaufelt haben, ist uns mehr nach „Urlaub“ als nach „Abenteuer“, um erst mal durchzuatmen und Kraft zu tanken. Deshalb führt unsere große Anschluss-Fahrt ab 2018 nach Nordamerika, das wir bereits sehr gut kennen und das super einfach zu bereisen ist. Da unser Wohnmobil ohnehin schon einmal auf dem amerikanischen Kontinent seine Meilen schrubbt, planen wir, 2020 Zentral-Amerika anzuschließen. Danach geht es voraussichtlich kurz zurück nach Deutschland, um Afrika vorzubereiten und zu bereisen. Ob uns von dort eine Verschiffung nach Australien gelingt, steht offen, genauso wie die Frage, ob man sich auf dem fünften Kontinent nicht besser vor Ort periodisch ein Fahrzeug zulegt? Das weitere, große Ziel heißt natürlich Südamerika, aber bis dahin fließt in Neu-Ulm noch eine Menge Wasser die Donau hinunter und alle Pläne werden vage.
WIE LANGE?
Wir sind keine Fans von Slogans oder Superlativen wie „Von Kap zu Kap“ oder „Rund um die Welt“. Wir sind schlicht „ohne Rückflug-Ticket“ unterwegs, was doch schon Mal eine ganze Menge ist. Nach Hause geht es nicht tournusmäßig, sondern nur und erst dann, wenn Dringendes in der Heimat mit Familie oder Besitz ansteht. Vielleicht würden wir, wie viele Langzeit-Reisende, ebenfalls zwischendurch heimfliegen, aber wir reisen mit unserer Hündin Trixie. Und Fliegen-mit-Hund ist für uns zum No-Go geworden, da es uns bislang nur Ärger beschert hat (siehe Beitrag „Reisen mit Hund“).
WOMIT?
Wir möchten autark unterwegs sein, ohne auf Campingplätze angewiesen zu sein und wir möchten so tief wie möglich in die Natur eintauchen, was das Befahren von Schotter-, Stein- oder Sandpisten beinhaltet. Daher haben wir uns für ein geländetaugliches Modell entschieden, das groß genug ist, damit wir Fahrrad, Boot und reichlich Vorräte mitnehmen können (Näheres siehe Beitrag „Iveco 4 x 4“).
WIE?
Eine der häufigsten Fragen, die uns gestellt wird, ist, ob uns das Wohnmobil nicht zu klein und eng sei? Nein, wir brauchen nicht mehr Luxus als den, der in unser Expeditionsmobil passt. Wir haben alles, was wir zum Glücklichsein brauchen oder eigentlich immer noch zu viel, denn das ein odere andere Unnütze fährt noch mit spazieren.
Die oft unausgesprochene Frage lautet: Wie kommt man eigentlich Monate lang in einem Campingmobil zwischenmenschlich klar? Gibt es auf Reisen nicht öfter mal Streit? Kleine Zankereien natürlich. Aber wir sind in der glücklichen Lage, von zu Hause viel Übung mitzubringen, denn wir haben über 20 Jahre lang zusammen gearbeitet und gelebt, macht 24 Stunden am Tag. Das ergibt eine gut entwickelte Streitkultur, die meisten Zwistigkeiten, die der Alltag so mit sich bringt, sind alte Bekannte, die wir schon mehr als einmal ausgefochten haben. Positiv ist, dass wir beide problemlösungsbereit und hartnäckig sind. Jeder gibt zu jeder Zeit sein Bestes, um Schwierigkeiten zu beheben und lässt den anderen nicht mit Ärgernissen im Regen stehen. Wir packen gemeinsam an und hüten uns vor gegenseitigen Schuldzuweisungen wie „Du wolltest doch diese Abzweigung nehmen und jetzt haben wir den Platten?!“. Wenn wir gleichberechtigt über die Reiseroute entscheiden, tragen wir auch gleichberechtigt die Verantwortung.
Was externe Beobachter ebenfalls interessiert ist das „Leben ohne News“. Vermisst man während einer dreimonatigen Reise ohne Tageszeitung und Fernsehen, abgeschieden und abseits der Städte, nicht die täglichen Nachrichten zum Weltgeschehen? Nein, überhaupt nicht. Sogar ganz im Gegenteil. Wir sind froh, der Informationsflut zu entfliehen. Global betrachtet, ist die Weltpolitik für jeden einzelnen Menschen wichtig, weil prägend. Aber faktisch betreffen uns Individuen die politischen Entscheidungen selten unmittelbar. Deshalb reicht es in den allermeisten Fällen, wenn wir gelegentlich eine Kurzzusammenfassung via Internet oder den Informationsaustausch mit anderen Reisenden erhalten. Die vielen Stunden Nachrichtenkonsum pro Woche, die in Europa üblich, ja gesellschaftliches Dogma sind, können wir uns sparen.