Wie fühlt es sich an, nach 2 Jahren wieder in Deutschland zu sein?

Wie fühlt sich die Rückkehr nach Hause an? Komisch. Aber sehr sympathisch. Wir bekommen mehrere Willkommensnachrichten, in denen sich die Absender schon mal prophylaktisch für ihre unfreundlichen, deutschen Landsleute entschuldigen. Dabei sind alle durch die Bank super nett! Wir treffen auf keinen einzigen Grisgram, schauen nur in zuvorkommend lächelnde Gesichter und haben sympathische Stimmen am Telefon. Vielleicht bewirkt gerade der schlechte Ruf, der uns Germanen offenbar voraneilt, dass wir umso netter sind. Was uns noch aufgefallen ist:

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Island 2020: Highlight Aurora Borealis

Seit mehreren Tagen bzw. Nächten warten wir am Jökulsarlon auf Nordlichter. Und endlich klappt es bei Vollmond. Allerdings nur kurz. Um 18:45 Uhr gibt es einen klar erkennbaren Bogen über den Gletschern und ein paar Flashs als senkrechte Linien. Doch der Zauber hält nur rund eine Stunde an, dann wird die Aurora zum schwachen Bogen und verschwindet fast ganz. Fürs Auge ist nichts mehr erkennbar, nur die Kamera erfasst noch das zarte Glimmen eines sehr flachen Bogens.

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Start: Es geht los!

Moosehead Lake, Greenville, Maine

Neues Jahr, neuer Lebensabschnitt

Wir können die Tage schon zählen. Anfang 2018 wird es so weit sein: Wir starten die nächste Etappe unserer Weltreise. Wohn-Expeditions-Mobil Willy ist schon vor Ort im Osten der Vereinigten Staaten, wir fliegen zu Dritt, inklusive unserer Hündin Trixie. Ohne gebuchtes Rückflugticket. Wann wir erstmals wieder nach Deutschland einreisen werden, bleibt offen. Vielleicht in drei Monaten, in sechs oder zwölf? Wir lassen es einfach auf uns zukommen. Das Unternehmen, das wir seit rund 20 Jahren selbstständig geführt und betrieben haben, ist erfolgreich verkauft und wird unter neuer Leitung bestens weitergeführt. Unseren Wohnsitz können wir vorerst behalten und jederzeit in unsere gewohnten Vier Wände zurückkehren.

Neue Homepage im Aufbau

Im November 2017 starten wir mit einer neuen Homepage/Website über die faszinierenden Naturerlebnisse auf unseren Reisen. Die eher komplizierte Bedienung einer Contao basierten Website, die wir 2009 begonnen haben, werfen wir über Bord und beginnen mit dieser, Word Press basierten Homepage. In der kurzen Zeit können wir natürlich nicht alle bisherigen Inhalte übertragen oder neue einfügen. Deshalb sind einige Elemente noch etwas dünn bestückt, was Sie uns nachsehen werden? Wann immer wir Zeit, Lust und einen Internet-Anschluss haben, werden wir die Informationen von unterwegs weiter ausbauen.

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Der Blick fürs Motiv

Bitter Lake National Wildlife Refuge, Roswell, New Mexico

Schöne Bilder sind kein Zufall

Wir sind keine ausgebildeten Fotografen, aber drei Jahrzehnte learning-by-doing bilden einen auch ein bisschen. Deshalb anbei der Versuch, die aus unserer Sicht fünf wichtigsten Kriterien zu beschreiben, wie man bei der Naturfotografie ein handwerklich solides Motiv auswählt (mit Kunst/Art hat das nichts zu tun!).

1. Eingerahmt

Der Betrachter bevorzugt in sich abgeschlossene Motive, die rundherum einen Rahmen haben. Deshalb sollte man sich bei Landschaftsfotografieren Grenzen suchen, anstatt alle Ränder ins Unendlich abfließen zu lassen. Das können zum Beispiel am linken und rechten Rand Bäume oder Steine sein. Eine markante Wolkenformation am Himmel schließt das Bild nach oben besser ab als ein unendlich blaues Firmament. Am unteren Rand schafft z.B. der Uferrand eines Sees einen klaren Abschluss, anstatt die Wasserfläche abzubilden, die kein „Ende“ hat.

2. Tiefe

Ein gut gemachtes Bild zieht den Betrachter in das Motiv hinein. Es leitet die Augen von einem spannenden Vordergrund über einen vielfältigen Mittelteil hin zu einem vollflächig interessanten Hintergrund. Im Vordergrund liegt zum Beispiel ein bizarr geformter Stein oder Wildblumen blühen. Der Mittelteil besteht aus dem eigentlichen Motiv, zum Beispiel einem See mit Wasservögeln. Den Hintergrund dominiert eine schneebedeckte Bergkette mit schroffen Gipfeln. Natürlich lässt sich diese Idealvorstellung längst nicht immer realisieren, denn bei der Naturfotografie muss man das nehmen, was einem die Landschaft bietet. Aber bei genauerer Betrachtung lässt sich meist eine Staffelung im Bildaufbau herstellen, die Tiefe ins Motiv bringt und aus einem zweidimensionalen Motiv ein dreidimensionales macht, zum Beispiel auch mit Linien in der Landschaft, die ins Bild hineinlaufen.

3. Symmetrie

Gefällig fürs Auge sind Symmetrien, nicht nur in der Architektur, bei Gesichtern oder Autos. Wenn man das Bild eines Naturmotivs in der Mitte senkrecht falten könnte und beide Teile wären deckungsgleich, hätte man den Idealfall vorliegen. Dieser kommt in der Natur mit ihren amorphen Linien jedoch nur ausgesprochen selten vor, aber man kann Annäherungswerte versuchen. Ist am rechten Bildrand eine Blüte zu sehen, sollte sich diese rechts wiederholen. Die Formation eines Vogelschwarms sollte als V oder W gut zu sehen sein. Spiegelungen im Wasser sind perfekte Symmetrien. Bei spiegelglatter Wasseroberfläche bildet sich das Motiv gespiegelt ab. Das geht sogar schon mit einer Pfütze! Auf diese Weise erreicht so viel Harmonie im Bildaufbau wie es die Natur zulässt.

4. Farbe

Bei der Farbwahl gibt es zwei Extreme. Zum einen wird es als perfekte Bildkomposition angesehen, wenn von Rot bis Blau alle Farben des Lichtspektrums abgebildet werden. Dankbare Motive in dieser Hinsicht sind Flussläufe im Herbst, wo sich in das Blau des Wassers alle Nuancen von Gelb, Orange, Braun und Rot des Herbstlaubs mischen. Die z. T.  atemberaubend farbstarken Felsformationen des Wilden Westens bieten ebenfalls breite Farbspektren an, die von Weiß über Gelb, Orange und Rot bis hin zu Schwarz reichen können und extreme Kontraste bieten. Zum anderen begeistern Bilder den Betrachter, die in einer Farbfamilie verbleiben (z. B. nur Blautöne) oder mit nur zwei Farben spielen (z.B. Blau und Gelb). Hier liegt die Faszination in der Klarheit des Motivs, nicht in der Fülle.

5. Perspektive

Dank der digitalen Fotografie muss man heute nicht mehr sparen beim Fotografieren, sondern kann nach Herzenslust experimentieren und löschen. Und das sollte man auch! Denn auch wenn man beim Anblick einer Landschaft sofort zu glauben weiß „So wird das Motiv am besten!“, zeigt die spätere Bildersichtung oft, dass ein ganz anderer Blickwinkel zum Favoriten wird. Deshalb der Tipp: Gehen Sie in die Knie, legen Sie sich zum Fotografieren auf den Bauch, probieren Sie es von oben nach unten, in der Totale und im Detail, lassen Sie keine Variante aus, mag sie zunächst auch noch so absonderlich erscheinen. Denn erst am Ende wird sich zeigen, welches Motiv das Schönste sein wird – und das sind nicht selten die ungewöhnlichen Perspektiven oder Ansätze.

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Kauf eines amerikanischen Wohnmobils

Wir kaufen ein Wohnmobil (truck camper) in den USA

Vielleicht trägt sich der ein oder andere mit dem Gedanken, sich in Amerika ein Wohnmobil zu kaufen und zu nutzen, anstatt ein deutsches Wohnmobil in die USA zu verschiffen. Welche Erfahrungen wir mit diesem Modell gemacht haben, erfahren Sie in den folgenden Kapiteln.

Binnen vier Tagen entscheiden wir uns 2010 nach einigen Probefahrten (Ford, GMC, Chevrolet) für einen zwei Jahre alten, weißen Dodge Ram 2500 mit 376 PS, Cummins-Diesel-Motor und rund 35.000 Meilen auf dem Tacho, den wir vom Triple A (AAA), dem amerikanischen Pendant zum ADAC, in Denver erwerben. Eine gute Fahrtstunde südwestlich von Denver, in „the big town of“ Poncha Springs, suchen wir uns eine Wohnkabine der Marke Lance aus. Sie wird auf der Ladefläche des Dodge montiert, lässt sich aber jederzeit auf vier ausfahrbaren Stützen abstellen. Die Kabine ist so geformt, dass die Unterseite zwischen die Radkästen passt, Bad und Einstieg über die hintere Stoßstange herabhängen und ein Alkoven über der Fahrerkabine schwebt. Beides können wir durch Vermittlung des AAA problemlos bei einer amerikanischen Versicherung (Progressive) versichern, die Ausländer (foreigners) als Kunden akzeptieren. Nach einem Vormittag mit Umbauarbeiten sind wir am fünften Tag fahrbereit und ausgestattet mit einem provisorischen Nummernschild, das uns zwei Monate Zeit gibt, bis wir uns im hoch gelegenen Ort Frisco westlich von Denver, in den Skigebieten der Rocky Mountains, final anmelden müssen, um eine vollwertige „license plate“ zu erhalten. Hört sich einfach an, wird aber in unserem Fall zu einer Odyssee, die uns viele Nerven, Umwege und Scherereien kosten wird. Am Ende vieler Kämpfe, Rückschläge und Umwege gelingt es, unser lieb gewonnenes Gefährt doch noch anzumelden und fünf Jahre lang zu behalten, zu versichern und in den USA zu fahren, wo immer uns unsere Neugier hinführt.

Odyssee der Überweisungen

Als es darum geht, das frisch erworbene Auto und die Wohnkabine zu bezahlen, machen wir unsere Erfahrung mit dem Amerikanischen Bankensystem. Bereits Jahre zuvor haben wir in Kalifornien ein Konto eröffnet, um es auf Reisen vor Ort einfacher zu haben. Wir wählen bewusst die größte und weltweit agierende US-Bank aus: die Bank of America. Ergo gehen wir davon aus, in Denver in eine Filiale gehen und die Rechnungen begleichen zu können, ob per Überweisung, Scheck oder Barabhebung. Falsch gedacht, völlig falsch. Erstmals stutzig werden wir am Morgen, als die Internet-Recherche für „Bank of America in Colorado „zero results“ ausspuckt: null Treffer. Wohl ein Fehler auf der Homepage. Doch in Canyon City ist keine BOA zu sehen. Wir fragen in einer Filiale der Konkurrenz nach (Wells Fargo Bank). Zwei überaus höfliche Damen suchen im Internet für uns zwei Adressen heraus, eine in Colorado Springs, eine in Denver – mehr gibt auch ihre Recherche nicht her. Wir steuern diejenige in Colorado Springs an. Merkwürdig, kein Schild, nur ein gemischter Bürokomplex. Aber bei genauerem Hinsehen gibt es ein kleines Schild „Bank of America – Home Loans“. Mit der Entschuldigung „Wir sind hier sicher falsch, aber vielleicht können Sie uns trotzdem weiterhelfen?“ spazieren wir hinein. Und erfahren, dass es im ganzen Bundesstaat Colorade keine Kundenfiliale von BOA gibt! Das darf ja wohl nicht wahr sein, da nimmt man die größte Bank, um in einem der drei amerikanischen Bundesstaaten zu landen, die keine Niederlassungen haben. Jetzt ist guter Rat teuer, denn die etwas größeren Summen für Auto und Camper können wir ja nicht mal eben am ATM-Schalter (Geldautomaten) abheben oder mit einem Standard-Scheck überweisen. Yenna, die nette Empfangsdame, bietet uns an, zu telefonieren, um herauszufinden, was man tun könne. Sie fängt mit der Filiale in Kalifornien an. Allein die Durchwahlen sind schon eine Wissenschaft für sich und wir sind heilfroh, dass Yenna den Anfang übernimmt. Ich legitimiere mich dann leidlich, um nach fünf Minuten aus Kalifornien die Antwort zu erhalten „there is no possibility to transfer the money to Denver“. Na hervorragend. Yenna hat noch eine Karte im Ärmel und telefoniert, um eine Überweisung direkt auf die Konten unserer Händler (AAA + RV Dealer) per Telefon anzuweisen. So was geht anscheinend. Dazu brauchen wir die Kontodaten (wire instructions). Haben wir! Yenna telefoniert wieder mit ihrer Hotline von BoA, um zu erfahren, dass das Überweisen nun doch nicht ginge, weil uns einige Legitimationen fehlten. Das ginge nur per Internet. Wir atmen ein weiteres Mal tiiieeef durch und verlieren weder die Geduld noch die Nerven. Denn das Online-Banking scheidet aus, da wir zwar unser Pin haben, aber die Übermittlung einer Tan-Nummer auf unser Handy Probleme macht: Unsere Telefonnummer mit deutscher Vorwahl 0049 wird von der Website nicht akzeptiert. Inzwischen hat sich auch Yenna festgebissen. Die nächste Odyssee durch die Überweisungsprozeduren der BoA-Homepage folgt. Kurz gefasst, sind wir am Ende nur erfolgreich, weil wir uns mit Yennas Handy-Nummer und ihrer Email-Adresse einloggen. Nach gut einer weiteren Stunde (insgesamt waren es gut drei) hat H.P. Yennas Laptop endlich so weit: Beide Überweisungen sind geschafft. Bestätigungsausdrucke werden gemacht und wir haben wieder die leise Hoffnung, unser Gefährt in Empfang nehmen zu können. Denn ohne Zahlungsnachweis wäre das wohl schwer möglich. Um Yenna, die bestimmt 28 Kreuze macht, als wir „crazy germans“ endlich gehen, unsere Dankbarkeit zu vermitteln, übergeben wir ihr alle Duft-Kerzen, die eigentlich für den morgigen Besuch bei unserer Freundin Tama in Frisco vorgesehen waren, inklusive vieler verbaler Dankesbekundungen. Was bleibt, ist ein Online-Zugang auf unser Konto, der aktuell nicht mehr auf H.P.s Kennung lautet, sondern auf Yenna‘s. Hoffentlich ist sie ehrlich.

In Farmington suchen wir später eine BoA-Filiale auf, um unsere Zugangsdaten auf H.P.s Namen zurückzusetzen. Bereits nach wenigen Minuten Wartezeit nimmt uns Maria in Empfang und versteht unsere Probleme sofort. Aber da könne sie leider auch nicht helfen, „I’m so sorry‘, wir könnten diese Telefonnummer anrufen. Auf keinen Fall! Nicht, dass wir nicht telefonieren könnten, wir sind des Amerikanischen inzwischen so mächtig, dass wir uns auch fachlich anspruchsvollere Kommunikationen zutrauen. Aber schon die Einwahl ist in den USA ein Graus. Man landet irgendwo, gerät an einen ausschließlich spanisch Sprechenden, fliegt aus der Leitung etc. Maria hat ein Einsehen mit uns und telefoniert selbst: gut 40 Minuten lang!!! Danach kommen wir wieder mit unseren normalen Kennworten über die BoA-Homepage in unseren Account. Und H.P.’s Kreditkarte wird freigeschaltet. Die Fehlermeldung mit der Pin ist nämlich gar keine, sagt man uns, sondern die Bank sperrt Karten, die an auffällig unterschiedlichen Stellen eingesetzt werden. In unserem Fall tatsächlich verdächtig: Wir rufen mit einer kalifornischen Karte ein Jahr lang gar nichts ab und versuchen es dann in Denver. Ein typisches Zeichen für einen Kartenraub. H.P. muss kurz persönlich mit der Bankdame am anderen Ende der Leitung reden und dann versucht er es am ATM-Automaten um die Ecke. Es funktioniert, mit der alten Pin! Wir bedanken uns herzlich und fahren zu McDonalds gegenüber, um alles zu prüfen. Es klappt: Wir können unseren Account einsehen – und die Summe stimmt.

Post und Anmeldung mit Hindernissen

Als es Zeit wird, unser Fahrzeug final anzumelden, bitten wir den Verkäufer bei AAA in Denver, den Fahrzeugbrief, „title“ genannt, per Post nach Frisco zu unserem Kontakt Tama zu schicken. Nach einer Woche ist der „title“ leider immer noch nicht in Frisco angekommen. Verzweiflung macht sich breit! Der USPS (United States Postal Service) steht unserem deutschen Postunternehmen offenbar in nichts nach. Wir betreiben zu Hause ein Versandunternehmen und wissen, wovon wir in Sachen Zuverlässigkeit sprechen. Schließlich geben wir die Hoffnung auf, dass die Postsendung mit unseren Fahrzeugpapieren in den nächsten Tagen in Frisco oder Denver auftauchen wird. Stattdessen erkundigen wir uns bei der zuständigen Behörde DMV (Department of Motor Vehicles), wie eine Verlängerung unserer „temporary licence“, also des vorläufigen, handgeschriebenen Nummernschilds, genau ablaufen würde. Diesen Tipp hatte uns unser Verkäufer vom AAA in Denver telefonisch gegeben, wenn aufgrund des verschollenen „titles“ derzeit keine finale Anmeldung möglich sei. Jetzt geraten wir erst recht in die Mühlen staatlicher Stellen! Vorab: Jeder, vom AAA=ADAC bis hin zu Bekannten und intensiver Recherche im Internet hat uns im Vorfeld grünes Licht gegeben, dass die Anmeldung eines Autos für einen Deutschen mit Führerschein und amerikanischer Adresse kein Problem sei. Aber wir erleben es anders. Seit etlichen Jahren gibt es für ein dreimonatiges Einreisevisum in die USA (Visa Waver) das Verfahren ESTA, inklusive einer anfänglichen Übergangszeit, in der man entweder ESTA online vor der Abreise buchen kann, oder weiterhin im Flugzeug den grünen Zettel ausfüllt. Heute gibt es Letzteren nicht mehr. Wir geben uns fortschrittlich und reisen mit ESTA ein, erhalten am Flughafen einen ordentlichen Einreisestempel. Alles o.k.. Deshalb antworten wir auf die Frage der DMV-Dame „What’s your status?“ schlicht und einfach: „ESTA“. Stellen Sie sich unserer Verwunderung vor, als wir als Reaktion darauf die Frage gestellt bekommen: „What’s that?“ Die Damen in Frisco kennen ESTA nicht. Und sie lassen es sich auch nicht erklären… Wir geben unser Bestes, legen die Fakten dar, zeigen unsere Dokumente her. Nichts zu machen, ESTA kenne man nicht und deshalb gelte es auch nicht, man wolle ein I-94. Wir machen an etlichen, weiteren Stellen die Erfahrung, dass außerhalb des Flughafens kein Amerikaner je etwas von ESTA gehört hat?! Stattdessen verlangt man von uns für die Verlängerung der „registration“ ein I-94. Da wir nicht glauben wollen, dass damit der inzwischen ungültige „grüne Zettel“ gemeint sein kann, wenden wir uns an eine Polizeistation. Der diensthabende, weibliche Officer schüttelt den Kopf und meint, der DMV könne ganz schön umständlich sein. Aber die Dame gibt sich alle Mühe, uns zu helfen, und telefoniert mit dem Flughafen, ob wir das I-94 nachträglich am Flughafen bekommen würden. Das Telefonat dauert 30 Minuten. Ergebnis: Ja. Da wir zu diesem Zeitpunkt keine andere Lösung sehen, fahren wir tatsächlich von Frisco nach Denver zum Flughafen, quälen uns ohne Boarding Pass durch die kniffeligen Sicherheitsvorschriften bis zum Zoll und bekommen ein I-94W, also ein Dokument mit dem Buchstaben W als Zusatz. Wir fragen den Beamten höflich, ob er denn die ESTA-Fakten netterweise mit dem DMV telefonisch klären könnte, da man uns nicht glaube? Nein, auf keinen Fall. Er werde doch nicht mit dem DMV verhandeln, die hätten schon ganz andere bis aufs Blut geärgert. Wir nehmen es zur Kenntnis. Von ihm erfahren wir auch, dass das reine I-94 (also ohne den Buchstabenzusatz „W“) ein richtiges Visum ist, das wir zuvor in Deutschland hätten beantragen müssen. Für eine jährliche Aufenthaltsdauer von weniger als 90 Tagen ist ein solches für deutsche Staatsbürger aber nicht erforderlich und nach unseren Vorrecherchen auch nicht für die Anmeldung eines Autos!!! Waren die Infos alle falsch? Brauchen wir ein B1/B2-Visum, das uns den Aufenthalt für 6 Monate in den USA gewährt, um ein Auto auf unseren Namen anzumelden? Oder sind wir mit Colorado nur an einen Bundesstaat mit Sonderregelungen geraten? Denn die diversen Bundesstaaten in den USA haben bekanntlich unterschiedliche Gesetze. Wir wissen es bis heute nicht, erhalten von den Angestellten Colorados keine plausible Antwort und auch aus den Zetteln, die man uns in die Hand drückt, lässt sich keine eindeutige Handlungsanweisung ablesen. Unsere Verzweiflung ist uns offenbar anzusehen, als wir ratlos zur Lagebesprechung gegen unseren Dodge lehnen, von dem nicht klar ist, ob wir ihn behalten dürfen. Ein älterer Herr spricht uns an, ob alles o.k. sei. Hilfsbereit sind die Amerikaner wirklich (zumindest oberflächlich). Leider nein, geben wir zur ehrlichen Antwort. Ach, das sollten wir nicht persönlich nehmen, antwortet uns der Senior, „the DMV-people aren’t the best educated and one should not expect too much brain potential. Das haben wir doch heute schon öfters gehört?

Das alles kostet uns viele Nerven und Tage Zeit. Bis wir eine andere Strategie ersinnen. Damit keiner mehr in unsere Pässe schaut, in die ein „WT“ gestempelt ist  und ein I-94 mit oder ohne W liegt, bitten wir unsere Freundin Tama, unser Auto per Vollmacht auf unsere Namen anzumelden. Das ist, wie wir herausfinden, mit einer beurkundeten Vollmacht möglich. Diese stellt die örtliche Bank aus, bei der Tama Kundin ist. Wir schaffen es mit viel Müh‘ und Not, auf dem DMV-Office, inklusive eines Fax vom AAA in Denver, eine Verlängerung unserer „temporary licence“ bis Ende Dezember zu erhalten (die jetzige läuft Ende November aus). Jetzt bewährt sich, dass wir unser Auto beim Triple A gekauft haben. Die Herren stehen uns telefonisch und auch mit einem persönlichen Beratungsgespräch vor Ort zur Seite. Ihre Meinung: Es habe noch nie Probleme gegeben, wenn Deutsche ein Auto anmelden wollten. Gut, dann sind wir jetzt die ersten…. Nach etlichen verlorenen Tagen, und den Zweifeln, ob wir die Dummen sind oder alles nur irgendwie dumm läuft, verlassen wir die Denver-Area und fahren mit unserem Reiseprogramm fort, bis die Papiere irgendwann auftauchen sollten.

Auf Umwegen zur Anmeldung

Nach den obigen Erfahrungen zum „status“ ersinnen wir eine Alternative. Wenn unsere Freundin Tama uns anmeldet, umgehen wir die Notwendigkeit, einen Pass herzuzeigen. Dazu müssen wir Tama authorisieren, was bei der örtlichen Bank geht. Wir gehen gemeinsam in die Bankfiliale und können problemlos ein spezielles Authorisierungsformular des DMV aus dem Internet ausfüllen, unterschreiben und abstempeln lassen. Doch wie in diesem Fall so oft, kommt es ganz anders: Tama teilt uns mit, dass die DMV-Sachbearbeiterin (Department of Motor Vehicles) die Autorisierung abgelehnt habe, da auf der Vollmacht Tamas Geburtsname fehle! Den hatte der „Notar“ der Bank vergessen und uns war es nicht aufgefallen. Zudem müssten bei uns als Vollmachtserteiler die Zweitnamen eingetragen sein. Sollen wir jetzt lachen oder weinen? Natürlich ist auch uns bekannt, dass in Dokumenten die Angaben mit denen im Reisepass oder Personalausweis identisch sein müssen. Aber mal ehrlich, haben Sie wichtige Dokumente wie Notarverträge oder Arbeitsverträge jemals mit Ihren sämtlichen Vor- und Zunamen und Ihrem Geburtsnamen unterschrieben? Die spinnen doch, die Amerikaner! Aber es hilft alles nichts, wir müssen die Bürokratie bewältigen, wenn wir ans Ziel kommen wollen. Wir diskutieren, was nun zu tun ist: Doch selbst anmelden und nach Denver fliegen? Mit Mietwagen vom Phoenix-Airport nach Frisco fahren und zurück? Sicher ist: Mit Camper machen wir diese Strecke nicht.  Keine 2400 km, nicht nochmal Frost und Schneerisiko in den Rocky Mountains… Die Lösung bahnt sich am übernächsten Tag an (siehe gleich). Learned today: Gut, dass wir nur ein Auto in Amerika anmelden möchten und kein Haus kaufen oder gar eine Firmenfiliale gründen möchten. Die Bürokratie würde uns umbringen!

Wir suchen Adressen von Bank of America Filialen in Mesa heraus. In der ersten Filiale sagt man uns, der Attorney, also der Signaturberechtigte, sei erst am Nachmittag da. Die nächste Filiale sei aber ganz nah und die hätten auch einen Attorney. Stimmt, aber der ist bis mindestens Freitag krank. In der dritten Filiale klappt es. Wir warten eine Viertelstunde, bis wir drankommen. Wir sind über die geistigen Fähigkeiten der Dame entsetzt. Sie bekommt kaum mit, um was es geht, wie wir heißen oder dass es um Frisco in Colorado, nicht um San Francisco geht… Wir füllen also das Dokument selbst akribisch aus, damit ja alle Eingaben korrekt sind. Am Ende halten wir ein Dokument mit Unterschrift und Stempel der Bank in der Hand. Da uns die Dame sagt, dass in Amerika Kopien genauso gelten wie Originale, erhalten wir, trotz mehrfacher Bitte, keine zwei Originale, sondern nur eine Kopie. Selbige fotografieren wir und senden Tama das .jpg per Mail zu. Zeitgleich fahren wir zum nahegelegenen USPS, um die Original-Dokumente bangen Herzens nach Frisco zu schicken. Werden sie je ankommen? Per Express-Mail wird uns eine Zustellung bis morgen 12 Uhr zugesichert. Und: Der Brief bekommt eine Trackingnummer, ist also verfolgbar. Das Ganze kostet knapp $ 20. Zusätzlich fragen wir, ob es die Möglichkeit gebe, postlagernd Briefe zu erhalten. Ja, die gibt es! Nennt sich „general delivery“. Die namentlich adressierte Post wird 30 Tage lang in der Filiale aufbewahrt und kann gegen ID abgeholt werden. Das wäre dann auch geklärt, falls Tama uns etwas zurückschicken möchte, z. B. die Nummernschilder…?

Bei der Suche nach einem Storage erfahren wir so ganz nebenbei, dass es keine Storage-Versicherung gibt, die ein Auto während der Lagerzeit im Stile einer Hausratsversicherung abdeckt. Stattdessen muss man die normale Kraftfahrzeugversicherung behalten. Wir hatten gehofft, dass man bei den Storages eine separate Diebstahl- und Vandalismusversicherung abschließen könne. Melden wir also das Auto während der Zeit im Storage ganz ab, um Kosten zu sparen? Wir fragen beim AAA in Mesa nach. Die Dame schockt uns gleich wieder. Wenn wir die Autoversicherung kündigen, müssen wir das dem DMV melden und nächstes Jahr das Auto neu anmelden. No go! Nach DEM ganzen Theater, das wir aktuell erleben, werden wir jegliche An- und Ummeldung auf das absolute Minimum reduzieren. Aber damit nicht genug: In Arizona werden nur Wagen versichert, die in Arizona angemeldet sind. Wenn wir also für Phoenix eine Versicherung wollen, müssen wir das Fahrzeug auf eine Adresse in Arizona ummelden. Tama’s Adresse in Colorado gilt nicht. Eine andere haben wir nicht… Einzige Lösung: Wir können unsere Autoversicherung während der Standzeit auf ein Minimum reduzieren. Das werden wir in den nächsten Jahren denn auch tun: Jedes Jahr bei unserer Heimkehr senken wir die Versicherung auf das „state minimum“, im Moment des Reisestarts erhöhen wir sie auf das nötige Maß. Dadurch sparen wir zwar ein paar Hundert Euro, haben aber trotzdem Grundkosten, die weiterlaufen. Learned today: Den klimatisch optimalen Ort, sein RV einzulagern, gibt es in den USA nicht. Entweder ist die Region zu kalt oder zu heiß oder zu feucht oder zu trocken oder Wirbelsturm gefährdet. Vermutlich bräuchte man eine geschlossene, beheizbare Garage…

Endlich geschafft

Nach fünf bangen Wochen löst sich endlich der Knoten der Autoanmeldung. Im USPS-Office zeigen wir für die „general delivery“ unsere Ausweise vor und der Herr verschwindet nach hinten. Er sucht, und sucht, und sucht… Uns wird flau in der Magengegend. Doch dann kommt er nach 5 Minuten mit einem mittelgroßen Umschlag zurück. Absender: Tama Hirsh. Inhalt: Zwei „registration plates“. Es ist vollbracht! Tama mailt uns, dass es jedoch nicht einfach war. Sie musste mit harten Bandagen kämpfen und ins Feld führen, dass ihr Mann einen hohen Posten bei der Stadtverwaltung in Frisco innehat, bevor sich die DMV-Dame, die Tama als „mean“ tituliert, zur Akzeptanz der Unterlagen breitschlagen ließ. Und ich müsse vermutlich noch eine All-in-One-Bestätigung nachliefern, dass Tanja Anke Ratsch und Tanja Ratsch dieselbe Person ist. Die spinnen doch komplett, die Amerikaner…

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Einkaufen in den USA

Shopping in Amerika

Eigentlich gibt es zum Thema „Einkaufen“ in den USA nicht viel zu sagen. Es gibt schlicht alles, was es in unseren deutschen Läden auch zu kaufen gibt, vom Obstsaft bis zum frischen Gemüse und täglich frischen Backwaren. Man ist mitnichten nur auf Fast- und Genfood angewiesen! Praktisch sind die „shopping cards“, Plastikkarten, die man schon beim Erstbesuch am „customer service“ binnen rund 5 Minuten bekommt und die einem am Ende an der Kasse die Rabatte gutschreiben, die an den Regalen ausgewiesen sind. Beliebt sind Mehrkäufe wie „buy 3, get 1 free“, aber auch ganz normale Preisnachlässe sind gängig. Ob man nach ersten Erfahrungen Wal-Mart ablehnt, Safeway bevorzugt oder doch lieber zu Vons oder Organics-Ketten geht, bleibt jedem selbst überlassen.

Was nicht die täglichen Nahrungsmittel, sondern die Konsum-Hardware anbelangt, haben wir Shoppingtouren in „Outlets“ und Co. aufgegeben. Wir sind keine Schnäppchenjäger, schon gar nicht an überaus wertvollen Reisetagen, in denen wir raus in die Natur wollen und nicht in stickigen Konsumtempeln herumlaufen wollen. Angesichts heutiger Freigepäckgrenzen von 23 Kilogramm pro Person relativieren sich „Schnäppchen“ ohnehin sehr rasch. Sobald ein kostenpflichtiges Extra-Gepäckstück für $ 90 und mehr fällig wird, sind die tollen Prozente schnell dahin. Und mal ehrlich: Made in China sind die Sachen überall?

Apropos „made in China“: In dieser Hinsicht weicht bei mir anfängliche Verwunderung bald Empörung und endet im Boykott. Ich würde gern in den Geschäften innerhalb der Nationalparks einkaufen: Bücher, Nippes, Kleinkram. Der Grund: Ich bilde mir ein, der Umsatz und Gewinn aus dem Verkauf kommt der richtigen Stelle zugute, nämlich den Parks und damit dem Naturschutz. Doch leider komme ich auf die dumme Idee, mir mal die Herkunft der dort angebotenen Produkte anzusehen. Alles aus China! Alles importiert. Kein „made in the USA“, geschweige denn „local“. Verstehen Sie mich nicht falsch: Wir leben in einer globalisierten Welt, in der Produkte irgendwo hergestellt werden und ich täglich Dinge von weiß Gott wo konsumiere. Aber China ist bislang bekannt dafür, wenig bis keine Naturschutz- und Umweltschutzstandards einzuhalten. Doch genau darauf sollten die Nationalparks meines Erachtens Wert legen, schließlich sind sie die Vorreiter der Nationalparkbewegung und somit des Schutzes einzigartiger Landschaften, Tiere und Pflanzen weltweit. „America’s best idea“ sollte nicht mit Produkten vermarktet werden, die der Erde anderswo Schaden zufügen, oder? Wenn jedoch noch nicht einmal Fotobände amerikanischer Fotografen mit Motiven aus amerikanischen Nationalparken in den USA gedruckt sind, sondern „in Korea“ oder „in Taiwan“, ja noch nicht Mal Dinge, die das Nationalpark-Logo tragen, „homemade“ sind, dann finde ich das kritisch. Einzig Handwerksprodukte der Indianer sind „locally produced“. Doch da sich Keramik schlecht im Koffer transportieren lässt und ich keinen Schmuck trage, ist dieses Kapitel schneller zugeschlagen als geöffnet. Übrig bleiben Patenschaften, die ich für Präriehund, Dickhornschaf und Co. in den Visitor Centern durch einmalige Entrichtung einer Gebühr „übernehme“. „Shopping“ läuft bei uns in Etwa so ab, falls es denn überhaupt stattfindet: Sonntag, 28.11., Rocky Mountains National Park, Visitor Center: Ich nötige H.P. zu einem Rundgang durch die Souvenirshops auf der Suche nach Mitbringseln für Verwandte, Freunde und Mitarbeiter zu Hause. H.P. beginnt schon nach Kurzem mit seinen Gähnanfällen: zwei Mal Gähnen pro Minute. Und ich finde nichts. Zurück im Auto macht sich H.P. Luft über die Schrecklichkeit all‘ der nutzlosen Dinge, die dort angeboten werden. Das mag ja richtig sein, aber was mitbringen muss ich trotzdem. Das gehört sich gesellschaftlich so. Oder sollten wir künftig einfach „nur“ unsere Fotobücher verschenken?“

Dass Einkaufen aber auch in den Staaten richtig Spaß machen kann, zeigt dieses Beispiel, Samstag, 4.12., Socorro: In Socorro hat die American Automobile Association AAA ein Mineral Museum mit 2000 Exponaten als Besichtigungs-Tipp ausgewiesen, allerdings ohne Stern als Zeichen für „empfehlenswert“. Zunächst finden wir das Museum nicht, da es in einem Institutsgebäude der Geology & Mining School untergebracht ist. Doch unsere Hartnäckigkeit zahlt sich aus: Im zweiten Stock öffnet sich eine kleine Wunderwelt der Steine. Die Faszinierendsten sind kombinierte Steine aus zwei oder mehreren Mineralien. Wir staunen und staunen. Nach gut 40 Minuten frage ich den Studenten, der das Museum am heutigen Tag betreut, ob man denn irgendwo in der Nähe solche Steine kaufen könne? Er antwortet, sie selbst würden welche verkaufen, nämlich die in den drei Schränken vor uns. Das hätte er nach H.P.s Wunsch besser nicht sagen sollen. Aber was passiert ist, ist geschehen und so suche ich mir in Kürze 9 Steine zu einem Gesamtpreis von 56 Dollar aus. Weihnachten ist dieses Jahr früher als sonst!“ Weiterlesen

Wild campen, aber richtig

Verhaltensregeln beim Wild Camping

Wildes Campen ist in den USA auf allen Flächen erlaubt, die sich in staatlichem Besitz befinden, aber keiner Naturschutz-Kategorie untergeordnet sind, also auf „public land“. Hierzu zählen unter anderem die National Forests und BLM-Land. Letzteres sind Gebiete, die vom Bureau of Land Management verwaltet werden. Auf Privatland ist es grundsätzlich untersagt, wild zu campen. In Colorado sehen wir ein Schild: „No trespassing. Violators will be shot. Fugitives will be shot twice!“ Wobei Privatland nicht nur solches von Farmern, Ferienhäusern oder Wohnhäusern ist. Es kann sich ebenso im Besitz von Konzernen, Einzelfirmen, Gemeinden etc. befinden. Eine erste Orientierung gibt zuverlässiges Kartenmaterial wie die Triple-A-Karten, in denen BLM-Land und National Forests farblich gekennzeichnet sind. Vor Ort achtet man auf braune Schilder mit weißer Schrift, die „entering public land“ oder „leaving public land“ deklarieren. Auch Anfang und Ende eines „National Forests“ sind sehr häufig entlang der Zufahrtswege markiert. Unser TomTom als Navigationssystem fürs Straßennetz mit amerikanischem Kartenset erweist sich in dieser Hinsicht ebenfalls als sehr zuverlässig und zeigt die „public lands“ grenzgenau korrekt an.

Die Freiheit, „überall“ auf Public Land zelten oder campen zu dürfen, hat aber natürlich auch Grenzen! Denn benutzt werden dürfen nur Plätze, die bereits zuvor zum Campieren genutzt wurden und z. B. mit einem Steinring für Lagerfeuer gekennzeichnet oder an Reifenspuren erkennbar sind. Man kann in Seitenwege zurückstechen oder Holzlagerplätze vom Holzeinschlag nutzen. Nicht erwünscht ist die „Eröffnung“ neuer Campingstellen, indem man einfach in eine unberührte Wiese oder auf eine naturbelassene Waldlichtung fährt. Solche Stellen findet man folgerichtig des Öfteren mit dem Hinweisschild „no camping“ versehen, an das man sich halten sollte. Was man ebenfalls nicht darf, ist auf dem Hauptweg randlich stehenzubleiben oder Ausweichbuchten als Standplatz zu nutzen. Denn selbst mitten in der Nacht werden die Feld- und Waldwege befahren, unserer Erfahrung nach vor allem von Jägern (Reisezeit: Herbst). Und mit diesen, bis an die Zähne bewaffneten, grummeligen Herren legt man sich besser nicht an, indem man ihnen die Ausweichmöglichkeit bei Gegenverkehr versperrt.

Die eine oder andere Verwirrung stiftet bei frisch gebackenen „Wildcampern“ das System in den National Forests und auf BLM-Land. Denn hier werden einerseits offizielle, gut ausgebaute Campgrounds der simplen Art (primitive / dry camping) angeboten, andererseits darf man sich, unter Einhaltung der oben beschriebenen Grundregeln überall hinstellen. Es bleibt einem selbst überlassen, ob man den Luxus einer ebenen, gekiesten Stellfläche mit Holzbank, Holztisch und Grillstelle mit Rost gegen eine Gebühr von $ 10 bis 25  genießen möchte oder autark und einsam abseits ohne jedweden Service stehen möchte.

Immer wieder tief verneigen wir uns vor der Disziplin der Amerikaner, die  keinen Müll beim Wild Camping hinterlassen. Einen Riesen-Dank an alle! Egal wie gern die Amerikaner grillen und gefühlt den gesamten Inhalt ihrer Küche zum Campen mitschleppen, wenn sie einen Platz verlassen, bleibt nicht ein Zigarettenstummel zurück. In 98 % der Fälle zumindest. Idioten gibt es immer, für die weder geschriebene noch ungeschriebene Regeln gelten und die zum x-ten Mal ausprobieren, ob die Dosen und Bierflaschen nicht doch in der Restglut des Campfires rückstandslos verbrennen. Tun sie nicht… Die allermeisten aber, vom Windelalter bis zum Senior praktizieren „leave no trace“ und das mit vorbildlicher Konstanz. Ausnahmen wie die folgende sind ausgesprochen rar. Donnerstag, 29.11., Big Bend State Park: „An einer Picknick-Area halten wir kurz, um die blühenden Yucca torreyi zu fotografieren. Ein Picknicker hat es noch nicht mal geschafft, den Müll vom letzten Mahl 10 m zur Mülltonne zu tragen und hat seinen Berg Fastfood-Abfall auf dem Tisch stehen und liegen lassen. Muss sowas sein bei all‘ dem Service, den die National Parks ihren Besuchern bieten?“

Ebenso erstaunlich ist für uns immer wieder die Tatsache, dass öffentliche Einrichtungsgegenstände heil bleiben. Da steht eine Pit Toilet am Straßenrand, eine Picknick-Bank am Strand. Unbeschadet, unzerkratzt, ohne Brandlöcher. Bei uns ständen diese Service-Elemente keine 14 Tage da, ohne dass Vandalismus oder Diebstahl zuschlagen würden. Und selbst wenn in die Holztische gelegentlich Initialen eingeritzt sind oder Kerzenwachs aufs Holz getropft ist, sind sie immer benutzbar und man nimmt gern Platz zwischen den Gebrauchsspuren derer, die vor uns da waren. Die Pit Toilets sind sauber, weil sie regelmäßig von Rangern, vom Forest Service oder Volunteers gereinigt werden. Nur der Geruch kann unangenehm sein, denn trotz ausgeklügelter Lüftungssysteme müffelt es je nach Wetterlage aus den offenen Gruben. Dieser kleine olfaktorische Lapsus (Nase zu und durch) ist uns aber allemal lieber, als neben den Wanderwegen auf menschliche Hinterlassenschaften mit Klopapierbergen zu stoßen, die selbst nach einem harten Winter nicht verrotten (ein „Verdienst“ von Tempo und Co., die Taschentücher inzwischen so reißfest fertigen, dass sie nicht mal mehr in der Waschmaschine zerkrümeln, geschweige denn, im feuchten Klima Oregons verrotten können). Wir könnten uns vorstellen, dass in den Sommermonaten, wenn weit mehr Besucher in der amerikanischen Natur unterwegs sind, mehr Müll anfällt. Und sei es versehentlich, weil ein Bonbonpapier verweht oder vom Rucksack etwas unbemerkt abreißt. Dann aber kommen die Volunteers und staatlichen Angestellten ins Spiel, die regelmäßig häufig frequentierte Wege ablaufen und mit Zangen verlorene Gegenstände aufsammeln. Wer macht so was eigentlich bei uns in Wald, Feld und Flur?

In ein Fettnäpfchen tritt man als Europäer gern und häufig: Man parkt zu eng neben einem bereits vorhandenen Camper! Ein absolutes no-go für die Amerikaner, die ihren Freiraum schätzen und im Zweifelsfall auch einfordern. Während in der Jahrhunderte währenden Enge Europas die Überschreitung persönlicher Sicherheitsabstände kaum mehr wahrgenommen wird, reagieren die Amerikaner hier sehr empfindlich. Tritt Ihr Gesprächspartner dezent einen Schritt zurück, wenn Sie ihm eine Frage stellen, liegt das nicht am Knoblauch in der Spaghetti-Sauce von gestern Abend, sondern am Abstand. Auf den ersten USA-Reisen wundern wir uns, warum uns beim Lebensmittel-Einkauf in den Supermarkt-Gängen Kunden ein „sorry“ zuraunen. Dabei haben wir uns im Vorbeigehen gar nicht berührt? Wir sind uns aber mit unter einem Meter Abstand an ihnen vorbeigegangen. Deutlich zu nah! Diese größere Privatsphäre gilt auch beim wilden Campen. Wenn wir Europäer denken, auf die Hügelkuppe oder die Stellfläche passen doch noch fünf weitere Wohnmobile mit Leichtigkeit hin, überlässt man im Westen der USA dem Ersten den Platz zur Gänze und fährt weiter, bis man einen leeren Platz für sich findet: first come, first serve. Zumal der nächste, freie Platz meist gar nicht weit ist. Ein Vorteil für alle, denn am Ende bleibt jeder ungestört. Tückisch dabei kann die Höflichkeit der Amerikaner sein, denn sie sagen nicht immer offen, was sie denken. So werden manche ihren Zeltplatz mit ihnen teilen, um nicht unhöflich zu sein. Aber gehen Sie davon aus, dass es ihnen nicht gefällt und „those germans“ intern mit weniger nachsichtigen Worten betitelt werden…

Eine ganz andere Form des Wild Camping in der Bedeutung „kostenlos übernachten“, findet in den Städten statt. Sehr oft hört man den Tipp, auf den bewachten und patrouillierten Wal-Mart-Parkplätzen könne man sehr gut und kostenlos übernachten. Letzteres stimmt, ersteres nicht. Wir probieren es aus und verbringen ein der schlaflosesten Nächte überhaupt. Die ganze Nacht fahren Autos und schlagen Türen, denn Wal-Mart hat bis spät in die Nacht, oft sogar rund um die Uhr auf. Einkaufszentren liegen verkehrsgünstig, die nächste Autobahn oder stark frequentierte Hauptstraße mit ihrem an- und abschwellenden Verkehrslärm und Karren ohne Auspuff ist nicht weit. Industriegebiete werden gern an Eisenbahnstrecken für den Warentransport angeschlossen. Die Züge rattern mit lautem Tröten auch nachts vorbei. Kurzum: Einmal Supermarkt-Parkplatz und nie wieder. Einschränkend müssen wir gestehen, dass wir von Zuhause absolute, nächtliche Stille mitbringen, da wir außerhalb der Ortschaft und ca. 800 m von der nächsten Hauptstraße entfernt wohnen. Gewohnheitsbedingt sind wir dadurch sehr lärmempfindlich und wachen bei geringsten Störungsquellen auf. Wer hier hart gesottener ist und mehr Lärm zu tolerieren weiß, kommt vielleicht besser mit einem Supermarkt-Parkplatz klar. Weiterlesen

Campgrounds in den USA

Campen in Campgrounds

Viele Globetrotter publizieren ihre Reiseerlebnisse in Blogs im Internet. Auffallend für uns ist dabei, dass sich selbst welterfahrene Reisende, die von den Wüsten dieses Planeten bis zu den Andenpässen alles erlebt haben, in den USA auf private Campgrounds stellen oder sich Nacht für Nacht auf überfüllten Nationalpark-Plätzen tummeln. Mit dem Ergebnis, dass Kommentare wie „Campen in den USA ist viel schlechter als überall sonst auf der Welt, überfüllt und teuer!“ im Netz stehen. Offenbar ist es zu wenig bekannt, dass man in Amerika an sehr vielen Stellen wild campen kann. Wir sind Leuten begegnet, die seit 12 beziehungsweise 15 Jahren non-stop um den Erdball touren. Aber getroffen haben wir sie nicht etwa an entlegenen Trailheads zu den spektakulärsten Landschaften des Südwestens, sondern in voll erschlossenen Gegenden! Deshalb sei uns Frischlingen an dieser Stelle der Tipp an die Welterfahrenen erlaubt: Wir haben in 15 Monaten USA-Reise nur ein einziges Mal auf einem privaten Campground verbringen müssen. Sonst verleben wir an z. T. traumhaften Plätzen in der freien Natur die Nächte, Sunrise und Sunset inklusive. Mit Blick über tiefe Täler, schneebedeckte Gipfel, spiegelglatte Seen, in denen die Bergketten reflektieren, oder über die Wellenbänder rauer Buchten am Pazifik. Für wenig oder gar kein Geld.

Unter „full hook up“ versteht man im amerikanischen Camper-Jargon die Möglichkeit, sich an seinem Stellplatz an Strom, Trinkwasser und Abwasser anschließen zu können. „Hook up“ allein ist ohne Strom. Weitere Spezialfälle sind „primitive camping“ oder „dry camping“. Beide Begriffe bedeuten: ohne Strom und fließend Wasser. Aber mit einem in vielen Fällen komfortabel ebenen Stellplatz auf festem Untergrund und einer Tisch-Bank-Kombination samt Feuerstelle. Die Toiletten sind „pit toilets“ der modernen Art, gut belüftet und in der Regel penibel sauber gehalten (auch Klopapier ist in 95 % der Fälle vorrätig), aber eben doch nur Plumpsklos.

Das Gros privater Campingplätze im Westen der USA liegt so, dass man nicht mal an der Costa Brava oder in Jesolo so viel Enge und Lärm in Kauf nehmen würde. Viele liegen an Hauptdurchgangsstraße, ja sogar direkt oder zumindest in Hörweite von Interstates. Wir haben uns schon zu der Vermutung veranlasst gesehen, dass die Amerikaner ohne das Dröhnen vorbei röhrender Trucks und klappernder Anhänger gar nicht einschlafen können, und dass die Geräusche wie Wiegelieder sind, die sie in den Schlaf begleiten? Doch mehr noch: Wie die Handtücher am Strand stehen die mehrere hunderttausend Dollar teuren Luxus-Liner auf den Private Campgrounds so dicht, dass man sich von Fenster zu Fenster die Hand reichen kann. Für Reisende, die die Kommunikation suchen, sicher ein Pluspunkt. Für uns ein No-go, denn wir suchen nichts mehr als Ruhe, Einsamkeit und die Option, keine Konversation betreiben zu müssen. Damit sind wir extrem, so viel ist klar. Aber selbst Menschen, die dem Smalltalk mehr zugeneigt sind als wir, können bei dieser Nähe an ihre Grenzen stoßen. Zumal die Big Guys (Fifth Wheeler, Busse) alles rattern lassen, was die Technik hergibt: Generator, Ventilator, Radio. Wer abends beizeiten schlafen möchte, weil er am nächsten Morgen eine Acht-Stunden-Wanderung auf dem Programm hat wie wir, ist „not amused“. Dass so viele Reisende mit ihrem RV auf den privaten Campgrounds landen, muss jedoch seine Gründe haben. Zum einen sind viele klassische Wohnmobile nicht autark ausgestattet. Ganz im Gegenteil, sie sind abhängig vor allem von Strom, damit von der Klimaanlage bis zur Heizung, vom Warmwasser bis zur Innenbeleuchtung und dem Flat-Screen-TV alles auf „full power“ laufen kann. Bei besser ausgestatteten Campgrounds könnten auch die „facilities“ wie Pool oder Café Zugfeder für Gäste sein, manche bieten Abendunterhaltung an. Das macht für Leute, die mehrere Tage oder gar Wochen an einem Platz bleiben wie die Snowbirds, durchaus Sinn. Für Leute, die auf der Durchreise sind und so gut wie jeden Abend an einem anderen Platz verbringen wie wir, bietet sich allein schon zeitlich nicht die Gelegenheit, diese Angebote zu nutzen. Denn mit Kochen und anderen „Hausarbeiten“, die tagsüber wegen Fahrzeiten und Outdoor-Aktivitäten liegen bleiben, sind die Abende mehr als schnell vorbei. Obendrein legt man sich als Naturreisender einen Tagesrhythmus zu, der eng an Sonnenaufgang und –untergang gekoppelt ist. Man geht früh zu Bett, was so gar nicht zu den Abendaktivitäten der Campingnachbarn passt.  Ergo muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er die Annehmlichkeiten privater Campingplätze tatsächlich nutzen kann und diese die negativen Aspekte überwiegen. Und ob er bereit ist, dafür deutlich mehr zu bezahlen. Denn die privaten Campgrounds gehen ab ca. $ 25  pro Nacht los, können aber auch $ 50  und mehr kosten. Für uns haben sie diesen Mehrwert nicht, weshalb wir am liebsten in der Wildnis stehen.

In National Parks und National Monuments darf ausdrücklich nur in den „designated areas“ gecampt werden oder, noch enger gefasst, „camp only in campgrounds“. Mit Schildern wie „no overnight camping“ werden auch alle Parkplätze gesperrt, denn selbst das Schlafen im Pkw ist außerhalb der Campingplätze hier weder erwünscht noch gestattet. In den meisten National Recreation Areas und State Parks gilt das Gleiche. Hier muss man die offiziellen Campgrounds ansteuern. In National Forests hat man die Wahl: Entweder man stellt sich auf einen der einfachen Campgrounds oder sucht sich ein wildes Plätzchen im Wald. In OHV areas (Off Highway Vehicles) stellt man sich für die Nacht ganz automatisch auf die explizit ausgewiesenen Areale, da man sonst Gefahr läuft, von den ATV’s und Enduros über den Haufen gefahren zu werden. Denn die gehen auch nachts im Funzellicht ihrer Dreck verklebten Mini-Scheinwerfer auf full speed. In den allermeisten National Wildlife Refuges gibt es keine Campingmöglichkeiten für Fahrzeuge und wildes Campen ist nicht erlaubt, da diese Gebiete in erster Linie als Rast- oder Brutplätze für Wildtiere erhalten werden (warum dann allerdings die Jagd erlaubt wird, bleibt uns schleierhaft?!). Für Wilderness Areas sind in der Regel Permits für einen „overnight backcountry stay“ notwendig, die sich aufs Zelten beschränken und nicht für den Verbleib im Auto gelten. Permits sind in der Regel für den gleichen Tag in Ranger Stations oder Visitor Centern zu haben. Diese Genehmigungen haben, so unsere Erfahrung, weniger das Ziel, die ohnehin geringen Besucherzahlen zu limitieren, sondern man möchte einfach wissen, wer sich im Gebiet aufhält. Auch zur eigenen Sicherheit der Besucher. Sollten sie in Schwierigkeiten geraten oder verloren gehen, können die Ranger vermisste Personen über die Anmeldedaten besser lokalisieren oder Verwandte benachrichtigen, denn man wird für stets nach einer Telefonnummer verwandter Personen gefragt. Wir werten die Permit-Regeln deshalb nicht als Kontroll-Instrument, für die die USA nicht erst seit der NSA-Affäre einen schlechten Ruf genießen, sondern als Selbstschutz. Denn auch, wenn man regelmäßig Mails an Familie und Freunde schickt, die genaue Route oder das Tagesziel gibt man an sie meist nicht durch und Hilfe kann nur vor Ort organisiert werden.

Die Kosten für staatliche Campgrounds sind ausgesprochen moderat. Bis 2015 liegen die Preise für National Park Campgrounds bei $ 18 bis 25. In National Forests kostet eine Nacht $ 10 bis 15, was Bundesstaaten wie New Mexico, Oregon oder Utah betrifft. In Colorado kann der Wert auf $ 18 bis 20 pro Nacht ansteigen, in California auf $ 25 bis 35, an der Küste sogar darüber. In den Wintermonaten erlauben manche National Forests das Campen auf den Campgrounds zum „Rabattpreis“ von zum Beispiel $ 5, wenn die Mülltonnen bereits letztmalig entleert, die Pit Toilets verschlossen sind. Wer ohnehin autark unterwegs ist wie wir, freut sich über diese „Schnäppchenangebote“. State Parks liegen in der Regel über $ 20, dafür sind sie  vergleichsweise hochwertig ausgestattet mit gut befestigtem Untergrund und „pull through sites“,  in die man nicht rückwärts einparken muss, sondern vorwärts hindurchfahren kann. Ebenfalls zum Standard gehören in der Regel komfortable, beheizte (!) Waschhäuser mit Duschkabinen, die gegen bare Münze heißes Wasser spenden.

Das Bezahlen auf staatlichen Campgrounds könnte komfortabler nicht sein. Mit der „self registration“ meldet man sich selbst an, nachdem man einen freien Stellplatz gefunden hat. Dazu liegen am „registration board“ am Eingang in wetterfesten Boxen Umschläge bereit.  Man zieht einen, füllt die wenigen Felder aus (Name, Autokennzeichen, An- und Abreisedatum, Geldsumme), reißt den „tag“ ab, legt die entsprechende Summe in Bar hinein, klebt den Umschlag zu und wirft ihn in eine Dropbox. Geht schnell und ist ganz einfach. Der „tag“ (Abrisszettel) wird am Pfosten der Campsite angeklemmt. Der „campground host“, zumeist ein Volunteer, leert die Box regelmäßig, und überprüft, wer bezahlt hat. Beim Rundgang über den Campingplatz schreibt er anschließend meist groß das Datum auf den „tag“ – sehr hilfreich, wenn man selbst auf der Suche nach einem freien Platz ist. Erste und wichtigste Grundregel beim Campen in den USA: Man bescheißt nie und zahlt immer! Auch wenn es für uns Europäer inzwischen zum Sport geworden ist, möglichst viel umsonst zu ergattern. Der Amerikaner ist hier sehr ehrlich und zahlt die Campinggebühr beim „self register“ immer. Auch wenn kein „camp host“ da ist, der kontrolliert! Ob die Scheine immer richtig abgezählt sind, die in die Umschläge wandern, wissen wir nicht, aber jeder zahlt zumindest irgendetwas! Zechprellerei haben wir nie erlebt. Nur ein einziges Mal in Utah verrät uns ein Ranger, dass die geschlitzten Eisensäulen, in denen die Umschläge gesammelt werden, wiederholt geplündert wurden. Aber das steht ja auf einem anderen Blatt als die Zahlungsmoral der Reisenden, die nach unserer hundertfachen Erfahrung über jeden Zweifel erhaben ist. Ein gänzlich ungewolltes Missgeschick passiert uns in Sachen „self registration“ durch die internationalen Unterschiede, ein Datum zu schreiben. Montag, 6.10., Steamboat Springs: „Wir schieben als Zwischenstopp den Fish Creek Falls bei Steamboat Springs ein. Ordnungsgemäß fülle ich den Envelope mit $ 5 Tagesgebühr aus, werfe ihn in die Box und lege den Abriss hinter die Windschutzscheibe. […] Zurück auf dem Parkplatz fahre ich mir einen ziemlichen Rüffel von einem jungen Herrn in Uniform sein, dass unser Ticket ja wohl vom Juni und somit ungültig sei! Ob wir das Schild nicht gesehen hätten? Doch, aber wir Europäer schreiben das Datum der Reihenfolge nach: erst den Tag, dann den Monat. Und nicht „verkehrt herum“ wie die Amerikaner (was freilich komplette Ansichtssache ist, wer’s richtig und wer’s falsch macht…). Der Irrtum klärt sich rasch auf und wir nehmen Kurs auf den Ort Radium.“

So viel zur gängigen Praxis beim Camping. Wer im Herbst und Winter unterwegs ist wird jedoch auf ein ganz anderes „Problem“ stoßen: Viele Campingplätze sind bereits geschlossen und mit einer Schranke an der Zufahrt versperrt. Wer für eine Nacht unerlaubt auf Ausweichparkplätzen oder vor Schranken stehen bleiben, stört in der Regel niemanden. Die Hauptreisezeit ist vorbei, überall sind nur wenig Reisende unterwegs. In unserer gesamten Reisezeit von am Ende 15 Monaten klopft es an einem „illegalen“ Standplatz bislang nur zwei Mal morgens an der Tür. Wir werden von einem freundlich lächelnden Gesicht gefragt, ob wir hier übernachtet hätten? Ja, antworten wir ehrlich, um eine Alternative anzusteuern, sei es bereits zu spät gewesen. Als Reaktion sagt man uns, das sei schon o.k. Aber länger dürften wir nicht bleiben, da und dort gäbe es Campingmöglichkeiten. Geht klar! Kein Ärger, keine Strafe, die Offiziellen sind kulant. Zumindest in der Nebensaison. Denn nach unserer Einschätzung halten Amerikaner Regeln nicht um der Regeln willen ein, sondern dann, wenn sie Sinn machen. Ein wesentlicher Unterschied zu unserem Heimatland! Die Touristenströme im Sommer erfordern Regeln, damit es nicht allabendlich Verkehrschaos und Prügeleien um die Standplätze gibt. Sind dagegen nur ein oder zwei Autos vor Ort, sieht man die Vorschriften recht entspannt. Mittwoch, 13.10.: Es sind kaum 5 Meilen bis zum Campground und wir finden schnell einen schönen Platz, den wir noch nicht einmal bezahlen müssen. Just als wir den Envelope holen möchten, fährt ein Ranger vorbei und sagt, wenn keine Umschläge verfügbar seien, müssten wir auch nichts bezahlen. Das sei schon o.k. so, für eine Nacht. Auch gut!“

So weit zu den positiven Aspekten. Die negativen ereilen uns regelmäßig, wenn wir gezwungen sind, auf Campgrounds in National  Parks zu nächtigen. Denn hier steht man inmitten der Big Guys und ihren Generatoren. Die konservativ eingestellten National Parks bieten keinen „full hook up“ mit Stromanschluss an. Ergo lässt jeder brummen bis spät in die Nacht. Egal, ob es „quiet hours“ gibt. Und in der kalten Jahreszeit, wenn die Heizungen laufen sollen, ist sich jeder selbst der nächste. Vermutlich auch im Sommer, wenn die Klimaanlagen ihren Auftritt haben, aber dazu haben wir keine Erfahrungen. Dienstag, 8.11.: “Im Canyon de Chelly fahren wir auf den fast leeren Campground. Gegen 19 Uhr macht unser Bus-Nachbar seinen lärmenden Generator an. Und stellt ihn nicht wieder aus. Um 21 Uhr platzt mir der Kragen, ich gehe raus und klopfe an der Fronttür. Keiner macht auf. Also gehe ich zurück und schlage vor, unseren Camper umzuparken, was wir sogleich tun, um dem Lärm einigermaßen auszuweichen. Als am neuen Platz der Lärm immer noch unerträglich ist, platzt H.P. der Kragen. Er läuft hin, klopft an der Schlafkabine und es macht jemand auf, der den Generator ausstellt.“ Anderes Beispiel, Mittwoch, 3.10., Yosemite National Park: „Ein Rumms reißt uns aus dem Tiefschlaf. Die Müllabfuhr auf dem Crane Flat Campground verrichtet ihren Dienst. Tonnen hochheben und mit einem Schlag der Deckel ausleeren.“ Einer der „Härtefälle“ passiert im Grand Canyon National Park. Wir haben seit Monaten die Wanderung hinab zum Colorado geplant, Bright Angel Trail runter, South Kaibab wieder hoch, 1500 Höhenmeter, ca. 24 Kilometer, 9:45 Stunden (Band 3). Wir brauchen eine erholsame Nacht, um fit in den Tag starten zu können. Und was steht neben uns? Ein Wohnmobil, das die ganze Nacht den Generator laufen lässt. Ob ich wegen des Lärms oder vor Wut nicht schlafen kann, weiß ich heute nicht mehr. Samstag,13.10., Grand Canyon National Park: “Da für unseren Camping-Nachbarn die Ruhe-Regeln offenbar nicht gegolten haben (generator hours until 8 p.m.), läuft sein Generator von 2 Uhr morgens an ununterbrochen – bis 5 Uhr, als wir mit Wecker aufstehen. Entsprechend gerädert und stinksauer sind wir […]. Am Abend am Campground zurück, konfrontieren wir einen Offiziellen mit dem Generator-Problem, das er recht lässig mit einem „das komme regelmäßig vor“ abtut, und uns auf dem kleinen Dienstweg auf Nr. 114 umbucht.“ Weiterlesen