Canaveral National Seashore und Merritt Island National Wildlife Refuge [Florida]

Cape Canaveral kennt eigentlich jeder – als Startrampe für Shuttles, Raketen, Satelliten und Co. Uns interessiert jedoch viel mehr als die moderne Raumfahrt die althergebrachte Natur. Denn rund um das Kennedy Space Center sind riesige Flächen seit Gründung ungenutzt, angrenzende unter Naturschutz gestellt, so dass ein riesiges Naturparadies erhalten geblieben ist.

Cape Canaveral National Seashore (Nordteil)

Im Visitor Center des Canaveral National Seashore angekommen, teilt die Rangerin allen Besuchern mit, dass in wenigen Minuten ein Turtle Release stattfinden werde, just gegenüber am Strand. Mitarbeiter des Tampa Aquariums hätten Loggerheads aufgepäppelt, die in Boston wegen Unterkühlung angesprült worden waren (was machen die auch so hoch oben im Norden ?!?) und würden nun wieder ausgesetzt. Am Strand warten bereits rund 35 Leute, die Turtles verspäten sich um rund eine halbe Stunde. Mit den 10 Loggerhead-Meeresschildkröten reisen 12 Menschen an! Auch die Freilassungszeremonie ist so typisch amerikanisch wie sie nur sein könnte. Anstatt die Kröten am Strand selbst ins Wasser laufen zu lassen, trägt jeder blau bekleidete Tampa-Mitarbeiter eine Loggerhead, die allesamt verzweifelt mit den Flossen flappen. Im Surf angekommen, mesitern die Turtles die Wellen mit Bravour, zwei Retter fallen dagegen komplett hinein und japsen klatschnass nach Luft. Von den eigens mitgereisten Dokumentatoren werden hunderte Fotos gemacht: von den Menschen, nicht von den Schildkröten…

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Canaveral National Seashore, Florida

Nach der Show widmen wir uns dem, was wir seit Tagen machen: Kajakfahren. Trixie darf mit. Und so setzen wir das Grabner erstmals ins Salzwasser, das sich schnell als ziemlich flach herausstellt. Zwischen den Mangroven setzen wir immer wieder auf Sand auf und müssen höllisch auf Austernbänke aufpassen, deren Muschelschalen scharfkantig sind. Das Wasser ist badewannenwarm und z.T. von dichten Algenfäden durchzogen, riecht aber frisch meerig. An Wildlife bekommen wir eigentlich nur eine Art zu sehen, die aber dafür in großer Stückzahl. Überall sind Fischadler = Ospreys unterwegs, mit Fisch in den Fängen, beim Verzehren oder Fangen einer Mahlzeit. Nachdem Fischadler in der Zeit des DDT-Einsatzes gegen Moskitos beinahe ausgerottet waren, haben sie sich offenbar prächtig erholt und brüten heute allenthalben auf Telefonmasten oder Interstate- Schildern. Bitte mehr von solchen Erfolgsgeschichten!

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Mosquito Bay, Canaveral National Seashore, Florida

Merritt Island National Wildlife Refuge

Wir machen uns eigentlich nicht viel  Hoffnung, an der „Manatee Observation Platform“ das Angekündigte zu sehen, denn unser Frühstück an einer Boat Ramp im Refuge war zwar idyllisch und ruhig, aber völlig free of wildlife. Wie man sich täuschen kann! Es dümpeln 15+ Manatees im Haulover Canal direkt unterhalb der Viewing Plattform. Die älteren erkennt man auf den ersten Blick gar nicht als Lebewesen, denn ihre Rücken sind mit Algen-Büscheln und Seepocken bewachsen und lassen sie einem Fels unter Wasser ähneln. Jungtiere sind ebenso mit von der Partie wie hellere und dunkler gefärbte Tiere. Es geht mit großer Gelassenheit und Gemütlichkeit und viel Nähe zu. Ab und an mal atmen, sich drehen oder genüsslich die runde Endflosse auf dem Nachbarn auflegen. Die Nüstern der Elefanten-Verwandten tauchen nur für eine Sekunde auf, dann verschwinden die kugelrunden, massigen Körper wieder unter Wasser. Viele tragen üble Narben von Schiffsschrauben auf dem Rücken, eine Seekuh sogar auf der Bauchunterseite… Ein Ortsansässiger sagt uns, wir hätten riesiges Glück, dass heute so viele Manatees da wären, normalerweise wären an der Observation Platform nur zwei bis drei der im Schnitt 400-500 Kilogramm schweren Tiere. Na dann danke an alle Anwesenden, dass sie heute hier ein gemütliches Treffen veranstalten. Vielleicht steht ja die Mating Season bevor und man macht sich schon mal miteinander bekannt? Wir bleiben 1,5 h vor Ort und weilen der beschaulichen Baderei bei, bei der kein Wassersprizter entsteht – zu viel Bewegung schickt sich nicht unter Seekühen. Denn wann bekommen wir so eine Gelegenheit je wieder?

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Manatee Observation Deck, Merrit Island National Wildlife Refuge, Florida

Für den Black Point Wildlife Drive sind die Erwartungen nach diesem Erlebnis natürlich aufgeladen, erfüllen sich aber nicht ganz. Die Marschlandschaft ist zwar beneidenswert abwechslungsreich, ein Mosaik aus Grasflächen, Seen, Kanälen, Prärien und Sabal-Serenoa-Wäldern. Aber die Tierwelt macht sich etwas rar mit einigen Ibissen, Reihern, Enten und Alligatoren. Wir genießen den Drive aus dem Cockpit heraus trotzdem bei 28 °C und Sonnenschein.

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Black Point Wildlife Drive, Merrit Island National Wildlife Refuge, Florida

Cape Canaveral National Seashore (Südteil)

Wir sind erst unschlüssig, ob sich der Umweg zum Canaveral National Seashore von Süden her lohnt, denn er führt alleinig zum Strand. Und wie der sich lohnt! Aber in anderer Hinsicht. Kurz hinter dem Entrance Booth stehen geschätzte 50 (wir werden die Anzahl anhand der Bilder noch genau ermitteln) White Egrets in einem Marsh-Kanal. Wenige Meter weiter rastet eine Schar von über 100 White Pelicans. Auf die Schutzgebiete, die wie National Seahores in die Kategorie der Nationalparke fallen, ist einfach Verlass. Rosa Löffler = Roseate Spoonbills fliegen über uns hinweg und waten verstreut in den Lagunen. Der kurze Gang an den Strand wird dabei zur Nebensache, zumal sehr viele Badende und Angler da sind. Beim Blick entlang des nördlich wie südlich nicht enden wollenden Strandes werden uns die Dimensionen nochmal bewusst. Das Canaveral Seashore erschließt 6 Meilen Strand von Norden her, 6 Meilen von Süden. Dazwischen liegen 16 Meilen, die nur zu Fuß oder per Boot zu erreichen sind, also im Grund unberührt bleiben. Macht zusammen 28 Meilen naturbelassenen Strand = ca. 50 Kilometer. Wo gibt‘s denn sowas?

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Canaveral National Seashore, Florida

Doch damit nicht genug. Nach unserer Chai-Tee-mit-Donut-Pause legen wir kurz hinter dem Seahore-Exit gleich wieder eine Vollbremsung ein. Eine Gopher Tortoise lässt sich das frische Gras entlang des Straßenbanketts schmecken und wird unverhofft zu unserem Fotomotiv. Genauso ergeht es einem Gürteltier = Armadillo, das im gleichen Grasstreifen nach Insekten schnüffelt. Es ist wohl noch ein junges Exemplar mit unvollendeter Körpergröße, aber den charakteristischen Merkmalen wie den stehenden Schweinsohren, seinem „Mantel“ und dem Echsenschwanz. Eine kuriose Kreatur und famos, sie tagsüber sehen zu dürfen, denn normalerweise sind die Rüstungsträger dämmerungs- und nachtaktiv.

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Canaveral National Seashore, Florida
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Canaveral National Seashore, Florida

Unsere Bewertung

Attraktivität: ****
Foto-Optionen: ****
Aufwand: *

Anfahrt

2 WD

Wanderung:

keine

Bildergalerie