Okefenokee National Wildlife Refuge [Georgia]

Okefenokee Tag 1: Kajaktour im Suwanee Canal

Okefenokee ist ein weltweit einzigartiges Sumpfgebiet, das 38 Meilen lang und 25 Meilen breit ist und im Grunde nur mit Booten zu erkunden ist. Streng genommen, ist die Bezeichnung „Sumpf“ jedoch falsch, denn es handelt sich um ein ausschließlich von Regenwasser gespeistes Hochmoor in einem langsam verlandenden, natürlichen See in einer eiszeitlichen Senke. Die Vegetation ist leider kein Urwald, denn Holzkonzerne und Farmer haben im letzten Jahrhundert alles gerodet. Aber seit der Unterschutzstellung dürfen die Sumpfzypressen wieder wachsen, Long Leaf Pines als angestammte Kiefernart werden aufgeforstet, es darf wachsen, was keimt. In ein paar hundert Jahren wird der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt sein.

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Okefenokee National Wildlife Refuge, Georgia

Bis dahin fühlt sich das für uns Durchreisende aber fast wie Urwald an. Unter den schlanken Stämmen der Kiefern wachsen dicht an dicht Saw Palmettos = Säge-Palmen = Serenoa repens. Wir pumpen unser Grabner-Kanu auf und starten vom Main Entrance aus eine Paddel-Tour im Suwanee Canal. Trixie darf leider nicht mit. Alligatoren lassen Menschen in Ruhe, Hunde in Booten sehen sie aber als potentielle Nahrungsquelle an. Deshalb sind „dogs in boats prohibited“. Wir fügen uns der logischen Erklärung.

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Okefenokee National Wildlife Refuge, Georgia

Wir kommen keine fünf Paddelschläge weit und zücken schon die Kamera mit Tele-Objektiv. Auf den Ästen und Grasbüscheln am Uferrand des Suwanee Canals sitzen allenthalben Gelbwangen-Schildkröten und Alligatoren beim Sonnenbaden. Das Gros lässt sich dabei überhaupt nicht stören, nur die Kleinsten flüchten ins Wasser. Die leisen, 10-PS-Tourboote mit anderen Visitors, die kein eigenes Boot haben (20 $ für 1,5 h Tour) überholen uns mehrmals.

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Okefenokee National Wildlife Refuge, Georgia

Der Canal ist gesäumt von Sumpfzypressen (Taxodium distichum), die über und über mit grauem Louisiana-Moos dekoriert sind, dessen Bärte im sanften Wind wie Geister winken. Das fast schwarze Wasser wirkt wie ein perfekter Spiegel, in dem das, was über Wasser wächst, auf der Wasseroberfläche ebenso deutlich und konturgenau zu sehen ist. Die Kamera ist im Dauereinsatz, muss aber immer wieder unter der Persenning verstaut werden, denn beim Paddeln lassen sich gehörige Wasserspritzer aufs Kajak nicht vermeiden.

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Okefenokee National Wildlife Refuge, Georgia

 

An der „Hauptkreuzung“ paddeln wir nach rechts Richtung Coffee Bay. Phasenweise verengt sich der Wasserweg malerisch und wir passieren ein witziges WC, schwimmend auf einer Plattform. Die Tiersichtungen werden deutlich weniger als am Anfang, aber die Spiegelungen des Wassers und die friedliche Atmosphäre mit dem Geplätscher unseres Kanus ziehen uns in ihren Bann. Das Wasser riecht frisch und kein bisschen faulig, obwohl es monatelang steht. Es ist kein einziges Insekt unterwegs, das uns belästigen könnte. Stattdessen Wasser, Sonne und Vegetation. Seelennahrung pur.

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Okefenokee National Wildlife Refuge, Georgia

An einer Stelle wuseln wir uns vom Kanal aus durchs Unterholz, um einen Blick auf die offenen, mit Seerosen bewachsenen Wasserflächen dahinter zu erhaschen und probieren den schmalen Kanal zum Cedar Dock aus. Darüber vergeht die Zeit wie im Fluge und wir müssen uns ordentlich in die Ruder legen, um vorschriftsmäßig um 16 Uhr am Parkplatz zurück zu sein.

 

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Okefenokee National Wildlife Refuge, Georgia

Okefenokee Tag 2: Kajaktour vom Main Entrance zur Chesser Prairie

An unserem heutigen, zweiten Tag im Okefenokee National Wildlife Refuge lassen wir unser aufblasbares Grabner-Kajak noch einmal am Main Entrance zu Wasser. Same procedure: Auf einem Zettel im Office kostenlos registrieren und los geht‘s. Diesmal sind wir zügiger, denn den Suwanee Kanal kennen wir schon. Zudem nimmt heute kein Reptil ein Sonnenbad, kein Wunder, denn es ist permanent bewölkt. Am ersten Abzweig paddeln wir heute nach links und sogleich öffnet sich der Blick über eine so genannte „Prairie“. Alles steht unter Wasser und die ersten Alligatoren, dicke Brummer, liegen auf den Grasflächen und schwimmenden Torf-Moos-Plattformen. Manche Gators schwimmen gemächlich quer zu den engen Kanu-Trails und tauchen ab. Was faktisch bedeutet, dass wir über die Damen und Herren hinwegrudern… In dem schwarzen Wasser, man spricht hier von „teefarben“, sieht man rein gar nichts. Wir behalten die Nerven – und die Alligatoren auch. Alles ist herrlich friedlich und entspannt. Jeder ist glücklich, dass er sein Leben hat und lässt die anderen gewähren.

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Okefenokee National Wildlife Refuge, Georgia

Ein ganz besonderes Erlebnis ist das „Röhren“ der Alligatoren. Ähnlich dem Ruf von Hirschbullen lassen die großen Männchen einen Ton übers Wasser schallen, das signalisiert „In diesem Revier bin ich der Chef!“. Wir haben diese Alligator-Rufe schon in Tierfilmen gehört, aber im Original gehen sie durch Mark und Bein, weil sie sehr tief sind.

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Okefenokee National Wildlife Refuge, Georgia

Als wir zum Cooter Lake abbiegen, wird es unübersichtlich. Zwischen all den Grüppchen von Sumpfzypressen, Grasbüscheln und schwimmenden Moos-Bänken den navigatorischen Überblick zu behalten, fällt uns Ungeübten schwer. Aber wir biegen ein paar mal richtig ab und erreichen nach dem sehr schönen Abstecher wieder den Haupt-“Weg“. Inzwischen scheint sogar die Sonne und die Gelbwangen-Schildkröten sitzen plötzlich überall beim Sonnenbad – wunderschöne Fotomotive. Auch Alligatoren sind nun am laufenden Band zu sehen, mittelgroße und ein richtig großes Exemplar, bullig und kräftig. Da wir erfahren haben, dass Alligatoren um diese Jahreszeit gar nichts fressen, weil sie Nahrung aufgrund der Temperatur nicht verdauen können, bleibt weiter alles ganz entspannt.

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Okefenokee National Wildlife Refuge, Georgia

Für den Rückweg wählen wir den Seitenarm mit der Kennzeichnung „Day Use Canoe Trail“. Er wird offenbar aktuell nicht oft benutzt und nicht frei gehalten, denn die Wasserpflanzen treiben dicht gepackt und die Seerosen wachsen flächendeckend, so dass wir uns eher wie Flößer mit Stöcken als wie Kanuten mit Paddeln fühlen. Aber die Atmosphäre ist klasse, verwunschen, abenteuerlich. Nach jeder Biegung tauchen neue Vegetationsmosaike auf und junge Alligatoren tauchen schleunigst ab. Diese Miniatur-Ausgaben sind eigentlich am schönsten, weil schlank und wohl proportioniert. Wir stochern und staksen uns zu Wasser zurück zum Main Entrance, denn wir sind schon über der erlaubten Zeit. Statt um 16 Uhr laufen wir nach 10 km erst um 16:30 Uhr im Hafen ein, was aber niemand bemerkt und ergo niemand stört. Wir wären gern noch länger auf dem Wasser geblieben, denn die Sonne hat endgültig die Oberhand gewonnen und die Abendstimmung ist besonders ruhig mit spiegelglattem Wasser.

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Okefenokee National Wildlife Refuge, Georgia
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Okefenokee Tag 3: 20 km Kajaktour Kingfisher Landing

Nach ca. 40 Minuten Fahrt erreichen wir vom Trader‘s Hill Campground aus den nordöstlichen Zugang zum Refuge, Kingfisher Landing. Wir sind allein und frühstücken erst mal, denn es hängt Nebel in den Wäldern. Bis wir das Kajak aufgebaut haben, klart es jedoch auf. Mit quasi jedem Paddelschlag wird das Wetter sogar besser, bis konstant die Sonne scheint. Bei einer heutigen Wettervorhersage von 88 % Regen keine schlechte Wendung.

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Okefenokee National Wildlife Refuge, Georgia

Der rot gekennzeichnete Canoe-Trail führt uns von Kingfisher Landing in einem zunächst breiten Kanal nach Norden, immer vorbei an undurchdringlichem Buschwerk. Der ehemalige Torf-Abbau-Graben wird enger, aber Ausblicke gibts keine. Und Wildlife leider auch nicht. Zwei Erklärungsmöglichkeiten: Zum einen ist die Wassertemperatur deutlich kühler als bei den Touren der gestrigen Tage. Schlaue Tiere, wenn die sich weiter südlich aufhalten, wo ihnen das erwärmte Wasser mehr Bewegungsspielraum bietet. Zum anderen treiben sehr viele Seerosen-Wurzeln und Schnittstücke auf der Wasseroberfläche. Wir vermuten, dass kürzlich der Kanal unter Wasser freigeschnitten wurde. Zwei tote Gelbwangenschildkröten mit geknackten Panzern untermauern die Theorie. Nach einer solchen Aktion braucht das Wildlife vermutlich einige Zeit, bis es zurückkommt.

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Okefenokee National Wildlife Refuge, Georgia

 

Die Stimmung aber ist friedlich, die Spiegelungen im Wasser glasklar, der Kanu-Trail mal breiter, mal enger und kurvig, so dass für Abwechslung gesorgt ist. Als wir Meil-Marker 4 erreichen, steht die Entscheidung an, ob wir zu den Double Lakes bei Meile 5 weiterfahren oder umdrehen, denn die erhofften, offenen Sumpfflächen (prairies) bleiben aus, obwohl sie in der Karte eingezeichnet sind. Na ja, vielleicht ist der Plan aus den 60er Jahren und die Seen sind inzwischen verlandet. Solche Aktualisierungsrückstände haben wir ja in den Nationalparks schön öfter erlebt…  Wir fahren weiter und enden in einem mit Seerosen bewachsenen See  – ohne Wildlife. Nach 4 Meilen Rückweg biegen wir einen weiteren Kilometer auf den grün markierten Canoe-Trail nach Südwesten ab, weil hier in der Karte ebenfalls Prairies eingezeichnet sind. Fehlanzeige. Also paddeln wir zurück und erreichen nach über 20 km die Boat Ramp.

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Okefenokee National Wildlife Refuge, Georgia

Okefenokee Tag 4: 19 km Kajaktour Chesser Prairie

Nach dem „Reinfall“ der gestrigen Tour im Norden des Okefenokee NWR ohne jedwedes Wildlife, steuern wir heute nochmal per Kajak die Chesser Prairie an. Um 10 Uhr lassen wir am Main Entrance unser Grabner zu Wasser, münden in den Day Use Canoe Trail ein – und bleiben fast stecken. Die Teppiche aus Algen hängen hier schon so fest an den Seerosen, dass wir die Paddel mehr als Wanderstöcke nutzen. Nebeneffekt: Wir müssen verdammt nah an dem ein oder anderen Alligator vorbei, der bereits ein Sonnenbad nimmt oder vor uns ins Wasser gleitet und undefinierbar im Schwarz des Sumpfwassers abtaucht. Wir zeigen uns jedes Mal kooperativ, paddeln langsam, fahren wo möglich Bögen um die Revierbesitzer. Zeigen wir Respekt, zeigt es das Gegenüber auch, die Taktik geht ohne Fehl und Tadel auf. Highlight neben der klassischen, offenen Sumpflandschaft mit ihrem Durcheinander an Vegetation sind etliche junge Alligatoren, die keine Scheu haben. Sie gucken uns genauso neugierig an wie wir sie und sie lassen uns in Armeslänge an ihnen vorbeipaddeln, bevor sie abtauchen. Trotzdem sind wir froh, als sich der faktisch nicht gepflegte (not maintained) Day Use Canoe Trail in den Main Channel öffnet.

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Okefenokee National Wildlife Refuge, Georgia

 

Wir biegen zur Chesser Prairie ab, rudern aber heute deutlich weiter als vor zwei Tagen. Unser Umkehrpunkt liegt bei 10 km Entfernung von der Boat Ramp. Die Landschaft ist einmalig, Seerosen, wohin man schaut, ein facettenreiches Mosaik aus Gräsflächen, Busch-Nestern, Solitärbäumen, Kanälen, Seen und Verlandungszonen. Das Auge hat ständig was zu tun und unsere Arme auch. Heute bekommen wir 60 km Ruderstrecke über die letzten Tage gerechnet voll, da jammert der ein oder andere untrainierte Muskel.

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Okefenokee National Wildlife Refuge, Georgia

 

Das Wildlife-Viewing ist, wie erwartet, eine Wucht. Die Alligatoren zählen wir gar nicht mehr, es geht nur noch „da guck, noch einer“ oder „hast Du den da im Gras auch gesehen“. Die Gelbwangenschildkröten geben sich jedoch scheu und tauchen sofort ab. Dafür sehen wir zwei Weichhaut-Schildkröten mit ihrem Schweine-Schnütchen, seltsame Kreaturen.  Während wir Reiher in allen Arten nur fliegend erleben dürfen, bleibt eine Gruppe von sechs Sandhill Cranes tiefenentspannt. Wir sehen die stattlichen Vögel zum ersten Mal aus der Perspektive eines Boots: Von so tief unten sehen die langbeinigen Kanada-Kraniche „riesig“ aus. Fazit: Eine tolle Kajakfahrt mit allem, was man sich an Abwechslung wünschen kann. Gute Entscheidung, die Tour „doppelt“ zu machen.

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Okefenokee National Wildlife Refuge, Georgia
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Okefenokee National Wildlife Refuge, Georgia

Unsere Bewertung

Attraktivität: ****
Foto-Optionen: ****
Aufwand: ***

Anfahrt

2 WD

Wanderung:

Wir waren mit dem eigenen Kajak unterwegs, 2 x 10 km Tagesstrecke, 2 x 20 km

Bildergalerie