Muleshoe National Wildlife Refuge: Kraniche

Geheimtipp für Kranich-Fans

Im Visitor Center des Palo Duro State Parks sagt man uns, dass jetzt Mitte November im Muleshoe National Wildlife Refuge die Seen bereits voll mit Sandhill Cranes (Kanada Kranichen) seien. Wir lassen die 130 Meilen lange Sanddüne bei Olton sausen, die wir kreuzen. Sie bietet keine offenen Sandflächen und ist so flach, dass man sie kaum bemerkt, alles ist bewachsen, fotografisch auf den ersten Blick uninteressant. Südlich des Ortes Muleshoe nehmen wir gegen 14 Uhr die Abzweigung zum Paul’s Lake. Und ziehen kurz die Luft durch die Zähne: Der See ist leer und trocken. Ist kein Wasser da , machen die Zugvögel hier sicher keine Rast? Auch ein Blick auf die Prairie Dog Town ist ernüchternd. Zwei Köpfchen lassen sich blicken, aber sobald das Stativ aufgebaut und das Tele aufgeschraubt ist, sind sie auf Nimmerwiedersehen in ihren unterirdischen Kammern verschwunden.

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Paul’s Lake, Muleshoe National Wildlife Refuge, Texas

Bangen Mutes fahren wir ein Stück weiter zum See und können eine kleine Wasserfläche am Rand ausmachen, die von einer Quelle gespeist wird, wie wir gelesen haben. Nur wenige Wasservögel sind zu sehen. Doch kaum laufen wir den Damm entlang, passiert es: Ein großer Schwarm Sandhill Cranes fliegt auf. Sie standen in einer zunächst nicht einsehbaren Bucht. Erst, nachdem noch eine Gruppe und noch eine aufgeflogen ist, kapieren wir, dass wir die Ursache sind! Sorry, im Bosque del Apache National Monument haben die Vögel noch nicht einmal Notiz von uns Menschen genommen, geschweige denn, dass sie geflohen wären. Gut, man lernt dazu…

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Paul’s Lake, Muleshoe National Wildlife Refuge, Texas

Wir ducken uns also und suchen hinter einem verbrannten Baumstamm Deckung. Es wirkt. Einige Teilschwärme kehren zurück und füllen die Bucht, andere nutzen die Störung offenbar, um sich ihr Abendessen zu suchen. Wir mühen uns, die fernen Vögel zu fotografieren. Irgendwann taucht ein Herr mit Scope (Fernglas) in einem Original-Käfer (VW) auf. Toby stammt aus Homer, südlich von Anchorage. „Were the road ends“, erklärt er uns kurz und knapp seinen Wohnort. Er sei im „helicopter business“ angestellt und habe die Wintermonate frei, die er in einem kleinen Apartment hier in der Nähe verbringe. Vorbildliches Lebensmodell.

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Paul’s Lake, Muleshoe National Wildlife Refuge, Texas

Toby informiert uns, dass sich die momentanen Zählungen der Kraniche auf ca. 8000 belaufen. Und dass wir auf keinen Fall die Bitter Lakes bei Roswell verpassen sollten. Die Seen seien besser und „less crowded than Bosque del Apache“. In ein paar Tagen werden wir dort sein. Und er verrät uns noch etwas: Muleshoe sei eines der am besten gehüteten Geheimnisse in Texas. Wir klopfen uns selbst auf die Schulter. Mut, was Neues zu wagen, zahlt sich aus. Er empfiehlt uns, morgen noch vor Sonnenaufgang am See zu sein, da die Kraniche ab Sonnenaufgang sofort starten und man zuvor einen Platz zum Verstecken finden muss, damit sie einen nicht sehen. „It’s a gorgeous feeling, when they fly just inches above your head“, schwärmt er uns vor.

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Paul’s Lake, Muleshoe National Wildlife Refuge, Texas

Am Abend dauert das Spektakel bis nach Sonnenuntergang. Nachdem wir uns für die aufziehende Kälte und den beißenden Wind passend gekleidet haben, kommt ein Schwarm nach dem anderen laut trompetend auf das Seebett zurück. Und landet nicht im Spring Lake links, sondern mitten auf der trockenen Salzfläche. Weit entfernt. Wasser muss also doch nicht unbedingt sein beim Rasten? Erst, als es schon fast ganz dunkel ist, und unsere Hände eingefroren sind, verlassen wir Paul’s Lake und nehmen weiter südlich die Dirt Road zum White Lake und Goose Lake, an deren Ende sich ein einfacher Campground befindet. Wir entscheiden uns rasch für einen Platz auf der großen Wiese, aber es dauert ewig, bis wir uns auf 37 °C Körpertemperatur hochgezittert und hochgeheizt haben.

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Paul´s Lake, Muleshoe National Wildlife Refuge, Texas

Am nächsten Morgen fahren wir ohne Frühstück sogleich zum Paul’s Lake. Ganze Wolken an Sandhill Cranes ziehen am Himmel über uns hinweg. Sind wir zu spät dran? Nein, die Schar auf dem Salzsee hat sich zwar im Vergleich zu gestern Abend verkleinert, aber es sind noch mehr als genug da, um vor der aufgehenden Sonne aufzufliegen. Sogar im Quellbereich stehen jetzt etliche Kraniche. Obwohl uns die Hände noch schneller einfrieren als gestern Abend, bemühen wir uns nochmal um Fotos und lauschen der Kakophonie trompetender Kraniche. Danach suche nwir Zuflucht im Camper und schätzen die Annehmlichkeiten eines ausgiebigen Frühstücks mit heißem Kaffee bzw. Tee umso mehr. Toby aus Homer schreibe ich einen kurzen Dankeszettel, den wir hinter den Scheibenwischer seines Käfers stecken.

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Paul´s Lake, Muleshoe National Wildlife Refuge, Texas

Unsere Bewertung

Attraktivität: ***
Foto-Optionen: ****
Aufwand: **

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Paul´s Lake, Muleshoe National Wildlife Refuge, Texas

Anfahrt

leicht, 2 WD, Lubbock: ca 69 mi

Wanderung

keine, ducken und anschleichen

GPS-Daten

Pauls Lake: 33°59’06″N 102°43’00″W

Bildergalerie