Einmalig: Dünen weiß wie Schnee
Schneehaufen gleich türmen sich die weißen Hügel entlang der Straße auf, ebenmäßig und überzuckert mit feinsten, reinweißen Kristallen wie frisch gefallener Schnee. Ein Truck mit Schneeschieber räumt die Zufahrt nahezu täglich frei. Wo sind wir gelandet?
In den eisigen Gefilden Alaskas, in denen selbst im Hochsommer Schnee fällt? Auf dem Gelände einer Zuckerfabrik, die ihr süßes Weißgold in hohen Halden sammelt? In einem Stadion der sportverrückten Amerikaner, die zu jeder Jahreszeit Skifahren oder Eishockey spielen wollen und Kunstschnee horten? Wir steigen aus, der Schweiß tritt uns unmittelbar auf die Stirn, um die unseres Erachtens außergewöhnlichste Dünenlandschaft Nordamerikas zu erleben, die Sanddünen des White Sands National Monuments nahe Alamogordo in New Mexico.
Ihre Reinheit ist überirdisch. Nicht der sonst übliche, gelbe oder rotbraune Farbton klassischer Dünen, sondern unberührtes Gipsweiß, mit schwungvollen Wellen überzogen, die sanfter nicht sein könnten. Das Farbenspiel im Tagesverlauf zieht Fotografen und Betrachter gleichermaßen in seinen Bann. Zum Sonnenauf- und untergang legen die an den Rändern haushohen Dünen einen zart rosafarbenen Teint auf. Tagsüber blenden die gleißenden Reflektionen – jeder Sonnenstrahl wird ungefiltert zurückgeworfen. Kurz vor Sonnenaufgang und kurz nach Sonnenuntergang tauchen sie in ein magisches Blau wie ein Ozean – aus Gips. Denn genau daraus bestehen die Wunderwerke: aus Gips-Kristallen.
Im nahe gelegenen, ausgetrockneten Bett des Tularosa Basins bildet sich Selenit in makroskopischen Kristallen, die bei Wind abbrechen, hochgewirbelt werden und sich als „Sand“ in dem rund 700 Quadratkilometer großen Dünenfeld ablagern. Im Vergleich dazu sind weiße Strände aus zerriebenen Muschelschalen oder Korallenkalk nachgerade grobschlächtig. Nimmt man den trockenen Sand in die Hand, fließt er zwischen den Fingern hindurch wie Milch. Läuft man allerdings darauf, gibt er erstaunlich gut Halt, denn unter Druck verzahnen sich die Kristalle und verfestigen sich.
Da die Verwaltung des National Monuments das Betreten der Dünen überall erlaubt, darf man nach Herzenslust auf Erkundungstour gehen. Traumhaft! Denn in die makellosen Kristallberge mischen sich als grüne Tupfer Palmlilien: Yucca elata. Wie sie es schaffen, in dem butterweichen Untergrund an Wasserreserven zu gelangen, ist ein cleverer Schachzug der Natur. Trägt der Wind tonreiche Fracht mit sich, lagert sich diese als Schicht auf dem Sand ab und verschließt ihn. Dadurch entstehen stauende Zwischenlagen, über denen sich das seltene Regenwasser sammeln kann.
Dank ihrer tiefen Wurzeln haben die Palmlilien so genug Zeit, das kostbare Nass nach den seltenen Regenfällen aufzunehmen und in den derben, dickhäutigen Blättern zu speichern. Es reicht sogar für riesige Blüten in hübscher Glockenform. In welcher Farbe? Natürlich ganz in Weiß! Die dichteste Vegetation zeigen die Dünen zu Beginn der Stichstraße, die vom Visitor Center her ins Monument hineinführt (z.B. Dune Life Nature Trail). Im Mittelteil beschränkt sich der Dünen-Bewuchs auf einzelne Yuccas als begehrte Fotomotive (nur die flachen Senken dazwischen sind mit Grasbüscheln und Kleinsträuchern bewachsen). Laufen Sie in diesem Bereich herum, so weit Sie möchten, denn das Betreten der Dünen ist, wie gesagt, nicht auf Wege beschränkt.
Die Golden Hour nach Sonnenaufgang und vor Sonnenuntergang sind die besten Zeiten zum Fotografieren, da die tiefer stehende Sonne für deutlichere, hervorgehobene Strukturen auf den Sandflächen sorgt. Am Ende der Straße (Dune Drive), die sich zuvor in einen einspurigen Loop aufteilt, ist quasi keine Vegetation mehr vorhanden. Hier sind alle diejenigen unter Ihnen richtig, die astreine Sandwellen und Muster erleben und fotografieren möchten. Für Dünen, frei von Fußspuren, muss man allerdings ein ganzes Stück weit laufen, wobei der Alkali Flat Trail eine gute Orientierungshilfe gibt, damit man sich trotz aller Seitenabstecher nicht verliert. Schade, dass man im White Sands National Monument nicht campen kann, und leider auch nicht in der näheren Umgebung. Denn das Umland wird dominiert von militärischen Sperrgebieten für Übungsflüge der Holloman Air Force Base.
Unsere Bewertung
Attraktivität: *****
Foto-Optionen: *****
Aufwand: **
Anfahrt
leicht, 2 WD, Alamogordo: ca 15 mi
Wanderung
so viel man möchte, von wenigen Schritten bis mehrere Stunden
GPS-Daten
Abzw. Hwy 70 auf Dunes Drive:
32°46‘43‘‘N 106°10‘21‘‘W
Trailhead Life Nature Trail::
32°47‘37‘‘N 106°12‘45‘‘W
Trailhead Interdunes Boardwalk:
32°47‘38‘‘N 106°14‘19‘‘W
Trailhead Dunes Loop::
32°48‘22‘‘N 106°15‘39‘‘W
Trailhead Alkali Flats Trail:
32°49‘16‘‘N 106°16‘27‘‘W
Life Nature Trail
Wir schauen uns kurz im Visitor Center um und laufen als Erstes den Living Dunes/Life Nature Trail. An der Stirnseite des 1-Meilen-Loops büchsen wir jedoch aus und laufen selbstständig durch die schneeweißen Dünen aus Gipssand, die hier stark mit Gräsern und Stauden bewachsen und dadurch aus fotografischer Sicht eher „unordentlich“ daherkommen.
Interdunes Boardwalk
Der Interdunes Walk führt auf Holzplanken ein kurzes Stück in die einmalige Landschaft hinein, ideal zur ersten Orientierung. Danach fahren wir die einzige Parkstraße bis zum Ende und den langen Loop-Trail bis zum Salzsee zu starten, da mich die Selenit-Kristalle interessieren. Die Fahrt gleicht einer
Fahrt durch meterhohen Schnee – so weiß und glitzernd liegt der Gips-Sand da. Die White Sands sind das weltweit größte Areal dieser seltenen Sandart, die entsteht, wenn in Wasser gelöstes Calcium nach Verdunstung des Wassers auf dem Seebett zurückbleibt und vom Wind erodiert wird. Gipssand ist erstaunlich fest und gut zu belaufen bzw. zu befahren.
Alkali Flat Trail
Wir laufen den Alkali Flat Trail. Düne auf, Düne ab. Eine makelloser als die andere. Und versuchen uns an Fotos, die die vielen Fußspuren ausklammern.
Leider kommt der Salzsee trotz strammen Tempos kein bisschen näher und da wir unbedingt noch Sonnenuntergangsfotos mit Yuccas machen möchten, die hier nicht wachsen, sondern weiter vorn zum Parkeingang hin, drehen wir irgendwann um, damit wir gegen 16:30 Uhr am Auto sind.
Sunset im White Sands
Die Sonne steht schon bedenklich tief, so dass wir uns gleich über die ersten Yuccas hermachen, die bei der Rückfahrt auszumachen sind. HP übernimmt die linke Seite, ich die rechte. Leider verbeißt er sich in seine selbst gewählte Aufgabenstellung, während ich gerne weiter fahren würde, da meine Yuccas nicht optimal sind. Sie wachsen zu tief in den Mulden und lassen sich nicht in Gänze gegen den rot gefärbten Himmel freistellen. Endlich taucht HP zwischen „seinen“ Dünen auf und wir fahren rasch weiter. Ich erklimme den
Sandberg gleich neben der Straße, die beim Sandräumen mit Schneeschiebern entstehen – und stehe vor einer Gruppe von Personen, die offenbar einen Foto-Kurs absolviert. Also müssen die Yuccas hier gute Motive abgeben. Glück gehabt: Wir experimentieren, was die Kameras ohne Filter und Stativ hergeben, denn fürs Herausräumen des Stativs war keine Zeit mehr. Bei der Ausfahrt aus dem Park bietet sich noch eine Yucca elata als Sonnenuntergangsmotiv an. Die Fotosichtung am Abend zeigt, dass einige gute Aufnahmen dabei und alle versöhnt sind.